Gesundheit Wer nicht geimpft ist, muss zu Hause bleiben

Trier · Auch ohne Impfpflicht kann es Sanktionen geben. Land sieht Kinder gut geschützt gegen gefährliche Infektionskrankheiten.

  Ein Piks mit der Spritze, der spätere gesundheitliche Schäden fernhalten soll: Ein acht Wochen altes Baby  wird gegen Masern geimpft.

Ein Piks mit der Spritze, der spätere gesundheitliche Schäden fernhalten soll: Ein acht Wochen altes Baby  wird gegen Masern geimpft.

Foto: picture alliance / dpa/Jörg Carstensen

Sabine Bätzing-Lichtenthäler ist für eine Impfpflicht. Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin und SPD-Politikerin hat im Gesundheitsausschuss des Landtags aber noch einmal deutlich gemacht, dass sie angesichts der hohen Impfquoten einen solchen verpflichtenden Infektionsschutz nicht in erster Linie bei Kindergartenkindern und Schülern für notwendig erachtet.

Nach Ansicht der Ministerin kann es eine allgemeine Impfpflicht nicht geben, da diese weder überwacht noch Zuwiderhandlungen geahndet werden könnten. „Eine Impfpflicht kann sich allenfalls auf bestimmte Personengruppen beziehen“, so Bätzing-Lichtenthäler. Eine „besonders wichtige Personengruppe unter den Erwachsenen“ stelle das Personal in medizinischen Einrichtungen dar. „Hier besteht eine besondere Notwendigkeit, dass ein vollständiger Impfstatus besteht.“ Pfleger und Ärzte hätten die Verantwortung, „die von ihnen betreuten kranken und geschwächten Patientinnen und Patienten vor Infektionskrankheiten zu schützen und sie nicht anzustecken“. Bislang besteht allerdings keine Verpflichtung für die Beschäftigten von Kliniken oder Pflegeeinrichtungen, sich impfen zu lassen.

Vor allem junge Erwachsene haben laut Gesundheitsministerium im Hinblick auf Masern,  Mumps und Röteln oft keinen ausreichenden Impfschutz. Bei Kindern hingegen seien die Impfquoten hoch. Bei den Schuleingangsuntersuchungen im Schuljahr 2017/2018 hätten 97,7 Prozent der untersuchten Erstklässler die erste Masernimpfung und  93,8 Prozent die erforderliche zweite Masernimpfung nachweisen können.  Da gegen Masern zumeist in Kombination auch gegen Mumps und Röteln geimpft wird, ist  die Quote bei diesen Infektionskrankheiten ähnlich hoch. Anders sieht es aber bei Windpocken aus.

Laut dem für die Gesundheitsüberwachung zuständigen Robert-Koch-Institut (RKI) lag hier die Quote bei rheinland-pfälzischen Schülern für die erste Impfung bei rund 92 und für die zweite bei 90 Prozent. Mediziner halten eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent für notwendig, um eine Infektionskrankheit auszurotten. Daher bezieht die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin auch Windpocken – genauso wie Röteln und Mumps – in die Forderung nach einer Impfpflicht vor allem für Erwachsene mit ein.

Obwohl eine Impfung gegen Windpocken nicht verpflichtend ist, kann eine Schule bei Ausbruch dieser Infektionskrankheit ungeimpfte Kinder vom Unterricht ausschließen. Das RKI empfiehlt für alle Gemeinschaftseinrichtungen den Ausschluss „für die Dauer der mittleren Inkubations­zeit (16 Tage) für Ungeimpfte ohne Nach­weis über bestehende Immunität“. Wenn innerhalb von fünf Tagen eine Impfung nachgewiesen werde, könne der Ausschluss aus der Einrichtung wieder aufgehoben werden.

Die Gesundheitsämter in der Region halten sich an diese RKI-Richtlinie. In einer Grundschule in Trier, in der Windpocken ausgebrochen sind, hat das zuständige Gesundheitsamt geraten, ungeimpfte Kinder vom Unterricht und anderen Gemeinschaftsveranstaltungen fernzuhalten. Es bestehe gerade bei Windpocken ein „hohes Risiko für schwere Verläufe“, heißt es in dem an die Schule gerichteten Schreiben des Leiters des Trierer Gesundheitsamtes, Harald Michels.

„Falls kein ausreichender Impfschutz dokumentiert ist, bieten wir

eine Überprüfung des Immunstatus an“, sagt der stellvertretende Behördenleiter Horst van Hees. Es kann nämlich durchaus sein, dass auch ungeimpfte Kinder gegen Windpocken immun sind, dann etwa, wenn sie sich früher bereits damit infiziert hatten, ohne dass es zu gravierenden Symptomen kam.

Das Verwaltungsgericht Weimar hat im März geurteilt, dass sich durch diese Richtlinie faktisch kein Impfzwang ergebe. Die Impfung sei auch bei einem Schulausschluss freiwillig und eine zulässige Alternative zur Abwehr einer Ansteckungsgefahr. Geklagt hatte eine Mutter von zwei ungeimpften Kindern, die nach einem Ausbruch von Windpocken vom Schulbesuch ausgeschlossen wurden. Das Gericht wies die Klage ab (Az.: 8 E 416/19 We). Weil die Kinder keinen Impfschutz hatten, sei die Gefahr, dass sie selbst an Windpocken erkrankten oder Mitschüler und Lehrer infizierten, höher als bei geimpften Kindern. Van Hees spricht daher im Zusammenhang mit der Maßnahme auch von einem Schutzgedanken.

 Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler im Konvikt Prüm.

Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler im Konvikt Prüm.

Foto: Fritz-Peter Linden

Gesundheitsministerin Bätzing-Lichtenthäler setzt vor allem auf die sogenannten U-Untersuchungen im Kindesalter. Seit geraumer Zeit würden die Eltern dazu eingeladen und  daran erinnert. „Bei diesen Vorsorgeuntersuchungen findet auch regelmäßig eine Impfberatung und gegebenenfalls Impfung statt“, so die Ministerin. Nach dem Infektionsschutzgesetz seien  Eltern seit 2017 zudem dazu verpflichtet, wenn ihr Kind in die Kita gehe, dort eine Impfberatung  nachzuweisen. Eine tatsächlich durchgeführte Impfung muss allerdings nicht nachgewiesen werden.

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