Auf den Spuren der Vergessenen

Trier · Als Studentin ist Historikerin Jutta Albrecht auf die dunkle Seite Trierer Wirtschaftsgeschichte gestoßen: die Arisierung jüdischer Unternehmen während der Nazi-Zeit. Am Sonntag startet ihre Vortragsreihe mit der Vorstellung ihrer Rechercheergebnisse zur Zwangsenteignung der Lederfabrik Schneider.

Trier. Wer Jutta Albrecht gegenübersitzt, merkt schnell: Wenn diese Frau etwas möchte, verfolgt sie ihr Ziel. Das war der Fall, als die dreifache Mutter ihr abgebrochenes Geschichts- und Französischstudium mit Mitte 40 wieder aufnahm. Dieses Mal mit dem Ziel, Lehrerin zu werden. Und es war der Fall, als sie während der Uniübung "Stolpersteine" mit dem Thema "Arisierung", der Zwangsenteignung jüdischer Geschäftsleute in Trier, in Berührung gekommen war.
Was war mit der jüdischen Familie Schneider, die eine Lederfabrik hatte, passiert? Jutta Albrecht und Kommilitonen konnten einen Neffen der Familie in Argentinien ausfindig machen. Vor drei Jahren erfuhr dieser das erste Mal von seiner Verwandtschaft.
Und was genau ist mit den jüdischen Mitbürgern in Trier geschehen? Welche Geschäfte wurden geraubt? Fragen, die Jutta Albrecht beantworten möchte. "Die jüdischen Mitbürger haben es verdient, in Erinnerung zu bleiben", sagt die Historikerin. Auch in Trier würden Firmenjubiläen ohne die Nennung der jüdischen Gründerväter gefeiert. Das dürfe es nicht geben, sagt Albrecht. Zwei Eigenschaften kommen ihr bei ihren Nachforschungen besonders zugute: "Ich war noch nie ängstlich, habe die Dinge immer beim Namen genannt", sagt sie. Und ihr kriminalistisches Gespür helfe ihr. Die Puzzleteile, die sie in Archiven findet oder über die sie auch schon mal zufällig fällt, fügt sie immer wieder zu einem Ganzen zusammen. Einige Schicksale konnte sie aufklären und mit Unwahrheiten aufräumen.kat
Am Sonntag, 19. August, startet um 11.30 Uhr die Vortragsreihe "Staatlich legitimierter Raub" mit der Veranstaltung "Die "Arisierung" der Lederfabrik Schneider in der Karthäuserstraße" im Museum Simeonstift in Trier. Der Eintritt kostet 6 Euro. In zwei folgenden Vorträgen wird die Historikerin ihre Recherche-Ergebnisse zu Luis Scheuer und Sigmund Loeb vorstellen.

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