Aufrüsten, um abzurüsten

MAINZ. Machtansprüche hin, Gesprächsverweigerungen her: Erst wenn die Parteien ihre Truppen aufgestellt haben und die Nachwahl zum Bundestag in Dresden am 2. Oktober über die Bühne ist, wird nach Meinung von Ministerpräsident und SPD-Vize Kurt Beck in Berlin ernsthaft verhandelt werden.

Das politische Schaulaufen nach der Bundestagswahl könnte noch eine ganze Weile anhalten, bevor zwischen den Parteien mit vernünftigen Gesprächen begonnen wird. Noch versuche jeder, Bataillone aufzustellen, lautet die Erklärung von Kurt Beck. "Doch bevor es zum Krieg kommt, wird man feststellen: Es ist genug gebalzt." Die bisher schroffe Ablehnung von Gesprächen mit der jeweils anderen Seite kann auf Dauer keinen Bestand haben. Auf den in Mainz mit Rot-Gelb erprobten Beck setzen die Genossen große Hoffnung, eine SPD/FDP/Grüne-Ampel anzubahnen. Trotz aller Absagen von der FDP-Spitze hat er noch nicht aufgegeben.Grüne für Gespräche offen

Doch eine Große Koalition unter Führung eines Kanzlers Gerhard Schröder bleibt ebenfalls auf der Agenda. Dessen umstrittener Auftritt am Wahlabend und seine Verbalattacken gegen die Medien waren laut Beck auch Thema in den Parteigremien. Jeder habe nach einem solch anstrengenden Wahlkampf nervliche Anspannungen und übernehme sich "vielleicht mal ein Stück im Ton", so der Parteivize. Doch in der Sache stimmt er des Kanzlers Medienkritik zu: "Das Ergebnis stand schon vor der Wahl in aller Köpfe, aller Munde und in fast allen Zeilen fest." Eine schwarz-gelb-grüne "Jamaika"-Koalition auf Bundesebene ist für Grünen-Landesvorsitzenden Manfred Seibel zwar kaum vorstellbar. Doch für Gespräche ist seine Partei offen. Auch an der Basis gibt es nach seinen Worten "kein Aufschrei" gegen entsprechende Sondierungen. Entscheidend ist für die Grünen, wie viel eigenes Programm sie umsetzen können. Nur Mehrheitsbeschaffer wollen sie unter keinen Umständen sein. Welche Koalition auch immer gebildet wird: "Einer muss springen", steht für Seibel fest. Kritik kommt von seiner Kollegin Tabea Rösner an den Gesprächsabsagen an die Linkspartei. Sowohl Grüne wie auch SPD sollten mit der neuen Gruppierung reden, fordert sie. Einig sind sich beide, dass eine Tolerierung einer CDU/FDP-Regierung nicht in Frage kommt. Eine entsprechende Variante hat CDU-Bundesvize Christoph Böhr ins Gespräch gebracht. Sein FDP-Kollege Rainer Brüderle kann sich dagegen eine Kooperation mit den Grünen nicht vorstellen. Die unübersichtliche bundespolitische Gefechtslage wird sich nach Einschätzung der Landesparteien nicht auf die Landtagswahlen 2006 auswirken. Beck glaubt: Linkspartei schafft Landtagshürde nicht

Die Rheinland-Pfalz-Wahl im März wird eigenständig sein, ist sich Regierungschef Kurt Beck sicher. Er rechnet nicht damit, dass die Linkspartei den Sprung in den Landtag schafft, auch wenn sie bei der Bundestagswahl landesweit 5,6 Prozent erreichte. Einen Grund für einen Koalitionswechsel im Land kann er erst recht nicht erkennen. Die Koalitionspartner Rainer Brüderle und Hans-Artur Bauckhage versichern unisono, dass Bundestagswahl und kategorische Absagen an ein rot-gelb-grünes Bündnis auf Bundesebene keine Folgen für die sozialliberale Koalition im Land haben. "Berlin ist nicht Mainz", stellt Bauckhage klar. Über ihre Koalitionsaussage im Land entscheidet die FDP allerdings erst Anfang Februar. Zwar werden die Liberalen auch von der CDU heftig umworben. Nach den Ergebnissen für die Bundestagswahl wäre sogar im Land eine schwarz-gelbe Koalition fällig. Doch auch CDU-Chef Böhr will aus diesem Ergebnis keine Schlüsse auf die Landtagswahl ziehen.

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