Medizinerprotest Geschlossene Arztpraxen am Mittwoch: Was bedeutet das für die Patienten?

Trier · Einige Arztpraxen in der Region Trier werden am Mittwoch geschlossen bleiben. Der Grund: Die Kassenärztliche Vereinigung hat zum Protest aufgerufen. Warum gestreikt wird und was Patienten wissen müssen.

 Einige Ärzte werden am Mittwoch ihr Stethoskop nicht nutzen. Foto: dpa

Einige Ärzte werden am Mittwoch ihr Stethoskop nicht nutzen. Foto: dpa

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Der Frust bei den niedergelassenen Ärzten sei groß, sagt Walter Gradel. Schuld sei die zunehmende Arbeitsbelastung. „Je weniger Ärzte da sind, desto mehr müssen die anderen arbeiten, um das auszugleichen“, erklärt der Vorsitzende der Bezirksärztekammer Trier. Als weiteren Grund für den Frust seiner Kollegen nennt er „bösartige Verordnungsprüfungen seitens bestimmter Krankenkassen“.

Das sind die Gründe für den Protest

Einige Kassen ließen ausgestellte Rezepte systematisch auf Formfehler wie etwa fehlende passende Diagnosen untersuchen, „um dann die Medikamentenkosten von uns zurückzufordern“. Fast alle niedergelassenen Ärzte hätten derartige Einzelprüfung am Hals. „Das stellt nicht nur ein finanzielles Risiko dar, sondern bedeutet auch viel Arbeit.“ Das führe dazu, dass viele Ärztinnen und Ärzte überlegten, ihre Praxis aufzugeben oder vorzeitig in den Ruhestand zu gehen, so Gradel.

Er hat Verständnis dafür, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz die niedergelassenen Ärzte für diesen Mittwoch zum Protest aufruft. Sie sollen die in der Regel mittwochs ohnehin nur vormittags geöffneten Praxen schließen und mit ihrem Personal nach Lahnstein kommen. Unter dem Motto „Wir sehen Schwarz – Für die Zukunft unserer Praxen“ soll in Lahnstein in Vorträgen und Diskussionsrunden über die Lage der Ärzte diskutiert werden. Daran teilnehmen wird unter anderem auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Erwin Rüddel, der als scharfer Kritiker von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gilt.

Darum protestieren die Ärzte in Lahnstein

Der Ärzteprotest richtet sich allerdings nicht in erster Linie gegen Lauterbach, sondern gegen eine aus Sicht der KV verfehlte Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre. Konkret kritisiert die Vereinigung das 1993 in Kraft getretene Gesundheitsstrukturgesetz. Auf den Weg gebracht wurde dieses Gesetz 1992 in einem Hotel in Lahnstein – daher ist der Ort des Protestes nicht zufällig gewählt.

Die mit dem Gesetz eingeführte Budgetierung begrenzt die Geldmenge, die für bestimmte ärztliche Leistungen in einem bestimmten Zeitraum vorgesehen ist und von der KV später auf Praxen verteilt wird. Die Bedarfsplanung regelt, wie viele Ärztinnen und Ärzte es in einer Region gibt. Nach Einschätzung der Kassenärztlichen Vereinigung machen beide Mechanismen Praxen und niedergelassenen Ärzten das Leben schwer und bedrohen auch die medizinische Versorgung in der Fläche. Aus der Ärzteschwemme, die es vor 30 Jahren gegeben habe, sei ein Ärztemangel geworden.

Das müssen Patienten nun wissen

Wie viele Praxen am Mittwoch geschlossen bleiben, ist unklar. Zwar rechnet die KV mit einer hohen Protestbeteiligung. Offiziell zum Streik aufrufen darf die Vereinigung nicht. Da die meisten Praxen ohnehin nur Mittwochvormittags geöffnet sind, dürften sich die Auswirkungen für Patienten in Grenzen halten. In der Regel wird es Vertretungsärzte geben, zu denen Patienten notfalls gehen können. Ab dem Nachmittag sind zudem die ärztlichen Bereitschaftsdienstzentralen etwa in Trier, Saarburg, Wittlich, Bitburg, Daun oder Gerolstein geöffnet.

Bei dem Protest gehe es nicht in erster Linie um die finanzielle Situation der niedergelassenen Ärzte, sagt Gradel. Kaum eine Kollegin oder ein Kollege nage am Hungertuch. „Unser Problem ist, dass die Nebenkosten wie Gehälter für die Medizinischen Fachangestellten, Verbrauchsmaterialien und natürlich auch für Energie in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind und wir von den Krankenkassen in diesem Zeitraum mit jährlichen Honorarsteigerungen von zumeist ein bis zwei Prozent abgespeist wurden.“

Während Gewerkschaften in anderen Branchen zweistellige Tarifsteigerungen aushandelten, bliebe den niedergelassenen Ärzten nach Abzug der Kosten immer weniger übrig. „Eine Gehaltseinbuße von zehn Prozent oder mehr bei gleicher Arbeit, würde wohl kaum ein Arbeitnehmer klaglos hinnehmen“, erklärt Gradel.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort