„Ausdruck von Vernichtungswillen“

TRIER. (red) Die Schwurgerichtskammer am Trierer Landgericht hat einen 29-jährigen Algerier zu neuneinhalb Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt. Er hatte im Dezember 2002 einen 20-jährigen Landsmann im Nells Park erschlagen.

Die Tat hatte seinerzeit wegen des brutalen Vorgehens für Aufsehen gesorgt. Moktar B. zertrümmerte seinem Opfer, mit dem er zuvor häufig gezecht hatte, buchstäblich das Gesicht – ein Vierkanteisen diente dabei als Tatwaffe. Von „Vernichtungswillen“ sprach die Vorsitzende Richterin Irmtrud Finkelgruen bei der Urteilsbegründung und verwies auf die Vielzahl der mit großer Wucht geführten Schläge.

Dass die Kammer dennoch deutlich unter dem von Staatsanwalt Jörn Patzak geforderten Strafmaß von 14 Jahren blieb, lag daran, dass beim konkreten Tatgeschehen „vieles im Dunkeln liegt“ (Finkelgruen). Außer dem Angeklagten standen keine Zeugen zur Verfügung, und Moktar S. stellte seine Tat als Notwehr dar, nachdem das Opfer ihn mit einer abgebrochenen Flasche attackiert habe.
Das Gericht ordnete diese Darstellung als Schutzbehauptung ein, die dadurch widerlegt werde, dass S. keine Verletzungsspuren aufgewiesen habe und direkt am Tatort nicht die geringste Spur von Glasscherben gefunden worden sei. Zudem sei der erste Schlag „mit 99-prozentiger Sicherheit“ gegen den Hinterkopf des fliehenden Opfers geführt worden. Das Plädoyer von Verteidiger Ottmar Schaffarczyk, seinen Mandanten wegen Notwehr frei zu sprechen, fand kein Gehör.

Im Zweifel für den Angeklagten

Dennoch kam das Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“ zur Anwendung. Moktar S. hatte nämlich auch behauptet, seinem tödlicher Angriff seien schwere Beleidigungen durch das Opfer vorausgegangen, unter anderem gegen die Mutter von S. Das sei entgegen der Meinung der Staatsanwaltschaft „letztlich nicht zu widerlegen“, sagte das Gericht, ebenso wie die Aussage, er habe das Vierkanteisen zufällig am Boden liegend gefunden.

Angesichts der möglicherweise vorausgegangenen Provokation und der spontanen Tatausführung verringerte sich nach Auffassung der Kammer der maximale Strafrahmen von 15 auf 10 Jahre. Diesen Rahmen habe man angesichts der brutalen Tat „weitgehend ausgeschöpft“, sagte die Richterin. Von Moktar S. angegebene Symptome in Richtung einer schweren psychischen Erkrankung mit regelmäßigen „Krisen“ seien vom psychiatrischen Sachverständigen nicht bestätigt worden.
Ob das Verfahren, das sich aufgrund von Komplikationen bei der Zeugen- und Informationsbeschaffung im Ausland mehr als ein halbes Jahr hinzog, endgültig vom Tisch ist, bleibt angesichts der Möglichkeit zur Revision offen. Ebenso wie die abschließende Frage des Angeklagten, ob man ihn nicht lieber in seine Heimat abschieben wolle.

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