Ausgesetzter Säugling: Kind stabil, Eltern unbekannt

Prüm · Der am Montagnachmittag in der Prümer Innenstadt ausgesetzte Säugling (TV von Dienstag) wird im Trierer Mutterhaus behandelt. Sein Zustand ist laut Informationen des Kreisjugendamts stabil. Die Polizei sucht nun die Mutter des Neugeborenen.

 Die Kalkstraße in der Prümer Innenstadt am Dienstagmorgen: Neben der Ruhebank rechts im Bild wurde das Kind gefunden. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Die Kalkstraße in der Prümer Innenstadt am Dienstagmorgen: Neben der Ruhebank rechts im Bild wurde das Kind gefunden. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

 Die Babyklappe am Ruländer Hof in Trier. TV-Foto: Friedemann Vetter

Die Babyklappe am Ruländer Hof in Trier. TV-Foto: Friedemann Vetter

Prüm. Mitten in der Prümer Innenstadt hat am Montag eine bislang unbekannte Person ein neugeborenes Kind ausgesetzt: Der Junge wurde gegen 16.20 Uhr von einer Anwohnerin in der Kalkstraße entdeckt, einem zwischen der Spiegelstraße und dem Hahnplatz verlaufenden, gepflasterten Fußweg. Die junge Frau alarmierte sofort die Polizei, nahm das Kind an sich und brachte es in ihre benachbarte Wohnung.
Der kleine Junge, eingewickelt in ein weißes Laken, war nach Angaben der Polizei neben einer Ruhebank auf dem Boden abgelegt worden. Der DRK-Rettungsdienst versorgte den Säugling, der wahrscheinlich am Montag zur Welt gekommen war - laut Auskunft des Notarztes in der 30. bis 32. Schwangerschaftswoche. Ein Hubschrauber flog das leicht unterkühlte Kind nach Trier, dort wird es seitdem im Mutterhaus-Klinikum behandelt.
Eine Anwohnerin berichtet, dass sie die Sirenen der Rettungsfahrzeuge ganz nah an ihrem Haus gehört habe: "Ich dachte, es sei ein Unfall passiert." Sie habe allerdings nicht nach draußen geschaut. Ihre Reaktion, als sie den tatsächlichen Grund für den Einsatz erfuhr: "Furchtbar."
"Das hat mich sehr berührt", sagt die Prümer Stadtbürgermeisterin Mathilde Weinandy, bis vor wenigen Tagen noch im Bundesvorstand der Schwangeren-Beratung von Donum Vitae. Sie könne die Mutter auch nicht verurteilen: "Da ist ja bestimmt ein Schicksal dahinter. Und dass das Kind am Tag und mitten in der Stadt abgelegt wurde, zeigt ja, dass sie wollte, dass es gefunden wird."
Im Gebäude der angrenzenden Volksbank befand sich bis vor kurzem die Praxis einer Kinderärztin - viele Prümer vermuten, dass die Mutter ihr Kind deshalb an dieser Stelle zurückließ.
Jetzt müsse man dafür dankbar sein, dass sich um den kleinen Jungen gekümmert werde, sagt Mathilde Weinandy. "Und dass es Menschen gibt, die alles dafür tun, dass es ihm gut geht". Die Stadtbürgermeisterin verweist mit Nachdruck auf die Hilfsangebote, die in Konfliktfällen bestehen: Donum Vitae, der Caritasverband und andere - "die haben ausgebildete Beraterinnen. Und sie zeigen Wege, auf denen man Hilfe und Unterstützung bekommt. Da gibt es eine ganze Menge Möglichkeiten."
Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen. "Wir haben noch überhaupt keinen Hinweis, wie das Kind dort hinkam oder wer die Mutter ist", sagt Karl-Peter Jochem, Sprecher des Polizeipräsidiums Trier, am Dienstag. Man suche nach Zeugen, die eine Person mit einem weißen Bündel gesehen haben oder eine Frau kennen, "die bis gestern noch schwanger war und das Kind nicht mehr hat".
Das Jugendamt des Eifelkreises Bitburg-Prüm ist ebenfalls eingeschaltet: "Wir sind froh, dass das Kind lebt und im Krankenhaus ist", sagt Andrea Fabry, die bei der Kreisverwaltung stellvertretend den Geschäftsbereich leitet, dem auch das Jugendamt angegliedert ist. Der Säugling befinde sich in einem stabilen Zustand. "Das ist für uns das Wichtigste, so schlimm das alles auch ist."
Das Amt hat den Jungen inzwischen formal in seine Obhut genommen. Nächster Schritt: Beim Amtsgericht Prüm beantrage man die sofortige Übertragung der Vormundschaft, sagt Andrea Fabry. "Für uns heißt das dann, eine geeignete Familie zu finden, die das Kind vorläufig aufnimmt." Falls die Mutter des Jungen ermittelt werde, müsse über Verbleib und Vormundschaft neu entschieden werden.
Auch Andrea Fabry verweist auf die Möglichkeiten in Eifelkreis und Region, sich in Notlagen helfen zu lassen. Der Kreis hat auch einen "Beratungsführer Jugendhilfe" herausgegeben, der eine Reihe von Adressen und Ansprechpartnern aufführt. Er ist erhältlich bei der Kreisverwaltung und liegt außerdem in Schulen, Kindergärten und Entbindungsstationen aus.
Hinweise nimmt die Polizei Prüm entgegen, Telefon 06551/9420, oder die Kriminalpolizei Wittlich, Telefon 06571/95000.Der Säuglingsfund in Prüm erinnert an einen Vorgang vor drei Monaten in Trier: Dort war Ende Juni nachts im Stadtteil Nord ein neugeborenes Mädchen in einer Telefonzelle gefunden worden. Nach Ermittlungen der Polizei gestand später eine 20-jährige Triererin, sie habe das Baby aus Verzweiflung dort hingebracht, weil sie sich in einer schlechten wirtschaftlichen Lage befunden habe. Bereits im Zusammenhang mit diesem Fall hatte der TV berichtet, dass es am Ruländer Hof in der Trierer Böhmerstraße seit dem Jahr 2000 ein Babyfenster gibt. Neugeborene können dort anonym abgegeben werden. Wird dort ein Kind abgelegt, alarmiert ein akustisches Signal die Helfer. Sinn der Klappe: Mütter, die sich in Extremsituationen befinden, sollen wissen, dass sie ihr Kind dort abgeben können, ohne es in Lebensgefahr zu bringen. red

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