Bargeldschmuggel in der Butterbrotdose

Trier/Luxemburg · Sie verstecken Hunderttausende Euro in ihrer Kleidung oder im Rucksack und hoffen, dass der Zoll es nicht bemerkt. Immer wieder schnappen die Fahnder Geldschmuggler, die aus Luxemburg kommen.

 Das Bankenzentrum auf dem Kirchberg in Luxemburg: Experten schätzen, dass 50 Milliarden Euro deutsches Vermögen im Großherzogtum lagern, für deren Zinsen die deutschen Besitzer keine Steuern zahlen. TV-Foto: Friedemann Vetter/Archiv

Das Bankenzentrum auf dem Kirchberg in Luxemburg: Experten schätzen, dass 50 Milliarden Euro deutsches Vermögen im Großherzogtum lagern, für deren Zinsen die deutschen Besitzer keine Steuern zahlen. TV-Foto: Friedemann Vetter/Archiv

Trier/Luxemburg. "Haben Sie mehr als 10 000 Euro Bargeld bei sich?" Diese Frage stellten Beamte des Hauptzollamts Koblenz Mitte März einem 69-Jährigen, der aus Luxemburg nach Deutschland einreisen wollte. Warum gerade er unter vielen herausgepickt wurde, bleibt das Geheimnis der Zöllner. War es das Bauchgefühl der Beamten, war es vielleicht ein auffallend nervöses Verhalten des Mannes, war es ein Tipp, den die Ermittler im Vorfeld erhalten haben?
Die Kontrolle wurde zum Volltreffer: Der Mann hatte 250 000 Euro in Geldpaketen unter seiner Kleidung versteckt. Einen Teil dieses Vermögens wird er als Bußgeld abgeben müssen.
Immer wieder finden Zollbeamte bei Stichproben hohe Bargeldsummen oder auch Goldbarren, deren Besitzer versuchen, ihre Schätze versteckt aus Luxemburg herauszuschaffen. Experten schätzen, dass mehr als 50 Milliarden Euro deutsches Schwarzgeld auf Luxemburger Konten liegen, für deren Zinsen die in Deutschland lebenden Besitzer keine Steuern zahlen.
Der 69-Jährige mit seinen 250 000 Euro ist bei Weitem nicht der Rekordhalter in dieser Gruppe. Ende November 2012 ging Zollfahndern im Zug von Luxemburg nach Trier ein besonders dicker Fisch ins Netz. Kurz hinter der Grenze kontrollierten die Beamten einen älteren Herrn, der einen Rucksack bei sich hatte. Auch hier bleibt der Anlass - Verdacht? Tipp? Bauchgefühl? - das Geheimnis der erfahrenen Zöllner.
Im Rucksack des Mannes lagen, versteckt unter Kleidungsstücken, sechs ordentlich zusammengeschnürte Geldbündel mit jeweils 250 000 Euro und ein Umschlag mit 35 560 Euro. Der Herr, der in Richtung Niedersachsen unterwegs war, muss mehrfache Strafen befürchten. 25 Prozent der geschmuggelten Summe drohen ihm als Strafe. Außerdem kommt ein Steuerstrafverfahren auf ihn zu. Er muss nicht nur die Steuern für sein Vermögen nachzahlen, sondern wird auch wegen Steuerhinterziehung belangt.
200 000 Euro in Socken und Unterhose, 320 000 Euro in der Butterbrotdose - immer wieder finden die Zollfahnder im Grenzraum Trier-Luxemburg riesige Bargeldmengen, deren Besitzer das bei Luxemburger Banken angelegte Geld am deutschen Fiskus vorbeischmuggeln wollen. Seit 1998 werden die Bargeldkontrollen an den Grenzen zu EU-Mitgliedsstaaten vorgenommen. Die Kontrollierten müssen mitteilen, ob sie mehr als 10 000 Euro Bargeld - bis zu dieser Summe muss die Einfuhr nicht angemeldet werden - oder andere Zahlungsmittel dabei haben. Die Geldschmuggler kommen nicht nur aus Luxemburg und sie schmuggeln auch nicht immer Bargeld: Mitte März fand der Zoll bei zwei aus Belgien kommenden 64 und 78 Jahre alten Männern einen versteckten Goldbarren im Wert von 39 800 Euro.Extra

Das luxemburgische Bankgeheimnis ist - wie das Luxemburger Tageblatt erläutert - im Gesetz über den Finanzsektor verankert. Es sieht eine Geheimhaltungspflicht vor. Das heißt, dass der Bankkonteninhaber oder Kapitalanleger die Garantie erhält, dass sein Recht auf Wahrung der Privatsphäre in finanziellen Angelegenheiten respektiert wird. Das luxemburgische Bankgeheimnis wird international anerkannt. Luxemburg hat bisher immer gesagt, am Bankgeheimnis festhalten zu wollen, solange es in anderen Ländern der Europäischen Union und in anderen Ländern (Schweiz, Liechtenstein, Jersey, Guernsey und so weiter) fortbesteht. Anonyme Konten sind in Luxemburg jedoch verboten. Die Banken, Finanzberater und Verwaltungsgesellschaften haben die Pflicht, ihre Kunden eindeutig zu identifizieren. Des Weiteren müssen die abgewickelten Geschäfte nachverfolgt werden können. Die persönlichen Daten der Kunden werden aber geschützt. redExtra

 200 000 Euro in der Butterbrotdose: Immer wieder machen Zollbeamte auf der Suche nach Schwarzgeld spektakuläre Funde. In diesem Fall hatte ein Mann aus Hessen das Bargeld auf seiner Fahrt von Luxemburg in die Heimat dabei. TV-Foto: Archiv/Zollamt

200 000 Euro in der Butterbrotdose: Immer wieder machen Zollbeamte auf der Suche nach Schwarzgeld spektakuläre Funde. In diesem Fall hatte ein Mann aus Hessen das Bargeld auf seiner Fahrt von Luxemburg in die Heimat dabei. TV-Foto: Archiv/Zollamt

... Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Viele Superreiche können ihr Geld offenbar problemlos in Steueroasen bringen. Hat Sie das Ausmaß der jüngsten Enthüllungen überrascht? Schäuble: Die Veröffentlichungen begrüße ich, denn all unsere Aktivitäten hin zu einer Bekämpfung von Steueroasen und Steuerhinterziehung werden dadurch gestärkt. Wir haben bereits zahlreiche Abkommen zum Informationsaustausch geschlossen. Ich glaube, dass diese Veröffentlichungen Wasser auf unsere Mühlen sind. Meinen Sie damit auch die Kehrtwende Luxemburgs, nun doch verstärkt mit ausländischen Steuerbehörden zu kooperieren? Schäuble: Ich habe bereits unmittelbar nach Amtsantritt wieder den Draht nach Luxemburg neu gesponnen, und wir haben kurz danach ein bilaterales Abkommen zum Informationsaustausch geschlossen. Wir stehen im engen Dialog mit Luxemburg. Ich begrüße jeden Schritt hin zu einem automatisierten Informationsaustausch. Die Deutsche Steuergewerkschaft schätzt den Entzug durch deutsche Steuerhinterzieher weltweit auf rund 400 Milliarden Euro. Wird der deutsche Fiskus davon jemals etwas wiedersehen? Schäuble: Das Wesen der Steuerhinterziehung beinhaltet, dass man keine verlässlichen Daten hat, und daher kenne ich diese Zahlen nicht. Wir müssen aber davon ausgehen, dass es in erheblichem Umfang Steuerhinterziehung gibt. Genau deswegen haben wir ja unsere Aktivitäten entfaltet. Es macht wenig Sinn, nur verbal um sich zu schlagen. Dadurch kommt nicht ein einziger Cent zusätzlich in die deutschen Kassen. Nein, wir müssen den Weg der internationalen Verhandlungen, Kooperation und Verträge gehen, um wirklich etwas zu ändern. Und das tun wir. Die Fragen stellte unser Berliner Korrespondent Stefan Vetter.

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