BASF-Unglück fordert Einsatzkräfte — Belastung riesig

Ludwigshafen · Es gibt Einsätze, bei denen geht es für Feuerwehrleute ums Ganze. Jüngstes Beispiel ist der Großbrand bei BASF in Ludwigshafen. Häufig geht es um Leben und Tod, die Belastung ist extrem, wissen Experten.

(dpa) - Dramatisch ist die Situation nach der Explosion auf dem Werksgelände der BASF in Ludwigshafen. Eine schwarze Rauchsäule steht am Montag über dem Areal, gewaltige Flammen schießen am Nordhafen in die Höhe. Auf die Feuerwehren in direkter Nähe zum Unglücksort wartet ein lebensgefährlicher Einsatz bei hohen Temperaturen. Zwei Mitarbeiter der BASF-Werksfeuerwehr kommen ums Leben. Später müssen Einsatzkräfte einen Abstand von 300 Metern zum Zentrum der Explosion einhalten, um sich nicht selbst in Gefahr zu bringen. Experten wissen, wie belastend Einsätze dieser Art sind.

Noch am Dienstagnachmittag sind einige Dutzend Kräfte der BASF-Werksfeuerwehr und der Wehren aus Ludwigshafen, Mannheim und Frankenthal im Einsatz. Das Areal in dem Hafen muss gekühlt werden, ein Mensch wird noch immer vermisst. Die Suche geht weiter, Ungewissheit nagt an den Nerven der Rettungskräfte. Oftmals arbeiten Feuerwehrleute unter solch extremen Bedingungen. Nicht selten werden sie Zeugen schrecklicher Ereignisse, die sie nicht verhindern konnten.

Diese Situation sei es auch, die den Alltag vieler Einsatzkräfte nachhaltig beeinflusse, sagt Peter Schüssler, Leiter der Beratungs- und Koordinierungsstelle der rheinland-pfälzischen Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule in Koblenz. Zwar könne man Feuerwehrleute, Sanitäter oder Polizeibeamte gut ausbilden und auf Katastrophenfälle vorbereiten. Aber der Tod von Menschen und das eigene Risiko belaste die Rettungskräfte stärker als es Außenstehende oftmals wahrnähmen.

Manche hätten längere Zeit mit den persönlichen Folgen eines Katastropheneinsatzes zu kämpfen. Einer Studie zufolge litten etwa 30 Prozent der Einsatzkräfte unter dem Eindruck eines gefährlichen Einsatzes an Symptomen wie Schlaflosigkeit oder Alpträumen. "In diesen Fällen lässt die seelische Belastung nach einigen Tagen nach, manchmal kann es auch etwas länger dauern", sagt Schüssler.

Dramatischer treffe es sechs bis sieben Prozent der Feuerwehrleute, die statistisch gesehen nach einem solchen Einsatz unter einer posttraumatischen Störung litten. Zu den Symptomen dieser psychischen Erkrankung gehören beispielsweise schwere Depressionen oder auch Panikattacken. "Die Menschen, die unter einer posttraumatischen Störung leiden, müssen auf jeden Fall therapeutisch behandelt werden", betont Schüssler.

Wie es vom Trauma-Informations-Zentrum in Konstanz heißt, tragen Feuerwehrleute ein überdurchschnittlich hohes Risiko, eine posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln.

Nicht nur ein harter Einsatz könne sie belasten, auch wenig Unterstützung durch Vorgesetzte könne Probleme verursachen. "Es liegt auf der Hand, dass Feuerwehrarbeit viel Stress mit sich bringt", sagt Stefanie Rösch, Diplom-Psychologin des Informations-Zentrums. Damit Rettungskräfte auch das Gespräch mit Seelsorgern und Therapeuten suchen, sei die Ermutigung durch Vorgesetzte notwendig.

Pastorin Erneli Martens ist seit 2010 Fachberaterin "Psychosoziale Unterstützung" beim Deutschen Feuerwehrverband. Sie sagt, seelisch belastete Rettungskräfte könnten heute weitaus einfacher Hilfe erhalten als noch vor einigen Jahren. So gebe es in allen Bundesländern eine große Anzahl ausgebildeter Helfer, die eine Art psychologische Ersthilfe leisten können, indem sie sich schnell und unkompliziert mit Betroffenen treffen und unterhalten.

Professionelle therapeutische Hilfe dürften auch Mitarbeiter der BASF-Werksfeuerwehr nach dem schwierigen Einsatz in dieser Woche nutzen, wie eine Sprecherin des Chemieunternehmens sagt. Ein Team bestehend aus Psychologen, Sozialarbeitern und Psychiaterinnen, kümmert sich schon vor Ort um die Mitarbeiter.

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