Beck dreht das Glücksrad
Wichtige Landespolitiker hautnah erleben, mit ihnen diskutieren oder sich mit ihnen fotografieren lassen: Das alljährliche Verfassungsfest vor dem Landtag in Mainz bietet dazu die passende Gelegenheit.
Mainz. Vor sechs Jahrzehnten haben die Gründungsväter der Bundesrepublik mit der Verabschiedung des Grundgesetzes "tragende Grundlagen für Frieden, Freiheit und Demokratie geschaffen", betont Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) am Montag anlässlich eines Festaktes zum Thema "60 Jahre Grundgesetz" im Landesparlament. Die Verfassung verleihe der gemeinsamen Grundüberzeugung über das Gemeinwesen Ausdruck. "Es ist viel erreicht worden, deshalb feiern wir auch zu Recht", unterstreicht der Regierungschef.
Bevor aber vor dem Parlamentsgebäude auf dem Deutschhausplatz gefeiert wird, findet der Ministerpräsident noch mahnende Worte. Er bekräftigt seine Forderung nach einem Verbotsverfahren für die rechtsextreme NPD. "Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, um den braunen Brandstiftern das Handwerk zu legen. Das sind wir auch den Müttern und Vätern unserer Verfassung schuldig", sagt Beck.
Eher zum Schmunzeln regt Professor Edgar Wolfrum von der Universität Heidelberg in seinem Festvortrag an, als er daran erinnert, dass die Pfalz einmal zu Bayern gehörte. "Heute müssten die eher darum betteln, dass sie zu uns gehören dürfen", frotzelt Landtagspräsident Joachim Mertes.
Für das Land gibt es an diesem Tag doppelten Anlass zu feiern: Zwei Jahre vor der Verabschiedung des Grundgesetzes erfolgte das Votum der Bürger für die Landesverfassung. Kein Wunder, dass sich deshalb viele ehemalige Landespolitiker an diesem Tag im Parlament blicken lassen. Einstige Abgeordnete wie ADD-Chef Josef Peter Mertes sind ebenso darunter wie Ex-Landtagspräsident Christoph Grimm oder Ex-Finanzminister Gernot Mittler.
Mancher lässt sich zwar sehen, kann sich aber nicht von der allgemeinen Terminhatz befreien. Gesundheitsministerin Malu Dreyer (SPD) muss noch zu den Ärzten, am Dienstag ist Deutscher Ärztetag in Mainz. Und Abgeordnete wie der Konzer Alfons Maximini (SPD) oder der Trierer Berti Adams (CDU) eilen zurück in die Heimat, stecken sie doch im Kommunalwahlkampf.
Vor dem Landtag wird derweil im Schatten der Bierzelte und kulinarischen Stände, unter anderem aus dem französischen Burgund, munter geplaudert. Innenminister Karl-Peter Bruch entledigt sich angesichts des strahlenden Sonnenscheins des Jackets und diskutiert mit Ise Thomas, der ehemaligen Grünen-Chefin. Der Ministerpräsident kommt nicht mal dazu, eine Tasse Kaffee zu trinken. Kurt Beck muss Hände schütteln, für Fotos mit Otto Normalbürgern in die Kamera lächeln und das Glücksrad drehen.
"Der ist ja wirklich ein Kumpeltyp", staunt Hans Wittenstein aus Koblenz, der den Weg zum Landtag "eher zufällig" gefunden hat. Nicht nur der Rentner gewinnt an diesem Tag die Erkenntnis, dass Politiker auch "normale" Menschen sein können, selbst in Zeiten des Wahlkampfes. -pf./dr