Bei Anruf Geld

Die Rolle von Investor Kai Richter beim Projekt "Nürburgring 2009" wird von der Opposition im Landtag schon länger kritisch hinterfragt. Richter sei ein "Schmarotzer", der vom Land profitiere, sagt FDP-Fraktionschef Herbert Mertin. Die Zweifel scheinen berechtigt.

Mainz. "Hallo, hier Ingolf Deubel. Eine Firma braucht Geld für den Nürburgring." So oder so ähnlich könnte ein Telefonat begonnen haben, das am 6. Mai 2008 der damalige Finanzminister mit einem Geschäftsführer der landeseigenen Investitions- und Strukturbank (ISB) führte. Tags darauf erschien Kai Richter, Geschäftsführer und Gesellschafter der Mediinvest GmbH, bei der ISB zum Gespräch. Eine Vertreterin des Finanzministeriums war dabei. Deubel wurde am 14. Mai über den "Lösungsweg" informiert, Ende Mai 2008 das Mainzer Wirtschaftsministerium.

Welche Lösung gefunden wurde, kommt im Zuge des Nürburgring-Skandals nur mühsam ans Licht. Anscheinend bekam Investor Richter Geld, das er selbst nicht hatte. Am 29. Mai 2008 flossen von der ISB-Tochter RIM GmbH die ersten 3,4 Millionen Euro, am 7. Juli 2009 die letzten 5,5 Millionen. Insgesamt umfassen die elf stillen Beteiligungen 85,5 Millionen. Die ersten beiden dienten laut Deubels Nachfolger Carsten Kühl "der Bereitstellung einer Banksicherheit durch Eigenmittel für die Mediinvest GmbH".

Mit den stillen Beteiligungen fungierte die RIM praktisch als Kapitalgeber. Ihre Einlagen stärkten unmittelbar die Eigenkapitalbasis der Mediinvest. Normalerweise ist der stille Gesellschafter am Gewinn und - je nach Vereinbarung - am Verlust des Unternehmens beteiligt, nicht jedoch am Vermögen der Gesellschaft. Wie es in diesem Fall gehandhabt wird, bleibt offen. Das wird wohl erst der Untersuchungs-Ausschuss des Landtags klären können. Kai Richter wollte sich auf TV-Anfrage nicht dazu äußern.

Bemerkenswert sind Aussagen der RIM auf ihrer Internetseite. Dort heißt es: "Im Verhältnis zu ihren Partnern wird die RIM immer nur nachrangig tätig." Beim Nürburgring ist es aber so, dass die RIM von den 114-Millionen-Projekten der Mediinvest 85,5 Millionen Euro finanziert. Die RIM achtet nach eigenem Bekunden "stets darauf, dass das von ihr eingebrachte Kapital mittelfristig an sie zurückfließt". Das dürfte schwierig werden, wenn die Mediinvest-Geschäfte am Ring nicht gut laufen sollten. Denn die Sicherheiten, die laut einer dem TV vorliegenden vertraulichen Auflistung des Finanzministeriums von Mediinvest gestellt werden, erscheinen stark erklärungsbedürftig. So wird bei vier Beteiligungen (Gesamthöhe 29 Millionen Euro) eine Verpfändung des Geschäftsanteils genannt, den die Mediinvest an der Motorsport Resort Nürburgring GmbH hält. Er betrug seinerzeit 27 500 Euro.

Eine weitere "Sicherheit" der Mediinvest lässt ebenfalls aufhorchen: Bei einer Zehn-Millionen-Beteiligung ist von einer "Abtretung von Darlehens-Rückzahlungsansprüchen der Nürburgring GmbH" die Rede. Diese hatte im Herbst 2008 der Mediinvest ein Darlehen über drei Millionen Euro gewährt, als dieser angeblich ein 60-Millionen-Bankkredit weggebrochen war und ein Baustopp an der Rennstrecke drohte. Während Ex-Finanzminister Deubel stets betont hatte, das Darlehen sei mit Grundbucheintragungen abgesichert gewesen, hatten CDU und FDP dies stark bezweifelt und ihn einen "Lügner" gescholten. Der Landesrechnungshof untersucht derzeit, wie es tatsächlich war.

Meinung

Der Steuerzahler haftet

Dem Land steht für notleidende Betriebe oder solche, deren geplante Investitionen an knappen Eigenmitteln zu scheitern drohen, ein breites Förderinstrumentarium zur Verfügung. Ob sich der Finanzminister wohl bei allen Firmenchefs so für Geldflüsse einsetzt wie Ingolf Deubel beim Nürburgring für Kai Richter? Wohl kaum. Schließlich ist nicht überall eine so starke politische Einflussnahme vonnöten wie beim Prestigeprojekt der Landesregierung in der Eifel. Zu klären ist nun dringend, ob bei den RIM-Beteiligungen die üblichen Bestimmungen eingehalten wurden. Und ob die "Sicherheiten" der Mediinvest wirtschaftlich tragbar sind. Denn die 85,5 Millionen Euro sind öffentliche Mittel. Der Steuerzahler haftet also. f.giarra@volksfreund.de

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