"Beihilfe zur Frech-Aussage"

Nach fünf Monaten und 13 Verhandlungstagen neigt sich der Falschaussage-Prozess gegen den Trierer Rechtsanwalt Paul Greinert (76) dem Ende zu. Während die beiden Greinert-Verteidiger einen Freispruch fordern, plädieren die Staatsanwälte für eine Bewährungsstrafe.

Trier. Am Ende seines knapp zweistündigen Plädoyers erinnert der Berliner Top-Verteidiger Alexander Ignor das vierköpfige Trierer Gericht an seine historische Verantwortung. In der Jesuitenkirche liege mit dem Pater Friedrich von Spee ein Ordensmann begraben, der mit "Cautio criminalis" schon vor 400 Jahren eine epochale Schrift gegen die mögliche Verurteilung Unschuldiger aufgrund dubioser Aussagen geschrieben habe. Auf Friedrich von Spee berufen

Der Vergleich mag etwas hinken. Schließlich droht dem Mandanten Ignors, dem Trierer Rechtsanwalt Paul Greinert, keine Folter oder Verbrennung auf dem Scheiterhaufen. Aber letztlich, zumindest in diesem Punkt passt der Vergleich Ignors, könnten die Anschuldigungen eines anderen dem bekannten Trierer Rechtsanwalt kurz vor Abschluss seiner beruflichen Karriere eine Verurteilung einbringen. Das Pikante an der Sache: Der Zeuge, auf den sich die mit zwei (!) Staatsanwälten besetzte Anklage beruft, ist ein gerichtsbekannter notorischer Lügner. Der Kölner hatte in einem anderen Verfahren behauptet, dass er eine Falschaussage zuvor mit Greinert abgesprochen habe. Deshalb sitzt der 76-Jährigejetzt wegen Beihilfe zur uneidlichen Falschaussage selbst auf der Anklagebank. Er bestreitet die Vorwürfe, räumt allerdings ein, in dem Vorgänger-Prozess den Zeugen zur Provokation des Vorsitzenden Richters ermuntert zu haben. Mit dem Hintergedanken, einen Befangenheitsantrag herauszufordern und den Richter so aus dem Prozess zu "schießen". Für Staatsanwalt Jörn Patzak reicht schon dieses "Teilgeständnis Greinerts für eine Verurteilung aus". Von "Komplott" sprechen die Ankläger immer wieder. Patzaks Forderung: eine Bewährungsstrafe von acht Monaten und zwei Wochen sowie 10 000 Euro Geldauflage. "Eine Ermunterung zur Provokation ist vielleicht unethisch, aber nicht strafbar", kontert Greinert-Verteidiger Alexander Ignor. Dies könne nicht als Beihilfe zur Falsch-Aussage gewertet werden, allenfalls als "Beihilfe zur Frech-Aussage". Zentraler Streitpunkt zwischen Anklage und Verteidigung: Wusste Greinert, dass es sich um falsche Angaben handelte? Akribisch legen die Verteidiger die Entwicklung der belastenden Aussage gegen Greinert dar: Zunächst habe der Zeuge sich nicht festgelegt, um dann Stück für Stück seine Vorwürfe zu verschärfen. Er habe damit nur von sich selbst ablenken und der Staatsanwaltschaft entgegenkommen wollen. Oberstaatsanwalt Bewernick hält dagegen: "Selbst ein Blinder" habe nicht übersehen können, dass die Aussage getürkt war. Aber reicht das? Oder durfte Greinert die Einlassung zugunsten seines Mandanten einfach unbesehen glauben? "Die Aussage war das Endprodukt gemeinsamer Überlegungen", beharrt Bewernick. Konter der Verteidigung: Es hätte doch für einen erfahrenen Anwalt wie Greinert gar keinen Sinn gehabt, eine derart hanebüchene Geschichte mit dem Zeugen abzusprechen, "die wäre doch vor Gericht sowieso nie durchgegangen". "Das war kein Prozess, das war eine Art Krieg"

Auch Bewernick räumt ein, der Zeuge P. sei "eine hochkomplizierte, wohl krankhafte Person, die man mit Vorsicht behandeln muss". Aber diesmal habe er die Wahrheit gesagt. "Reine Theorie und völlig unbewiesen", befindet Verteidiger Ignor.Zwischenzeitlich tummelt man sich noch auf einigen Nebenkriegsschauplätzen. Aber beim "letzten Wort" des Angeklagten kommt der Prozess noch einmal auf den entscheidenden Punkt. "Das war damals kein Prozess, das war eine Art Krieg", erklärt Greinert, um sein provokatives Vorgehen im seinerzeitigen Verfahren zu erklären. Aber die Zeugenaussage, sagt er kategorisch, habe er nicht beeinflusst. "Nennen Sie mir einen Grund dafür", ruft er Richtung Staatsanwaltschaft. Das Urteil fällt am Donnerstag nächster Woche.

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