Beinahe gestolpert

TRIER. Seit 1992 versenkt Gunter Demnig Stolpersteine in Straßen und Wegen. Der Kölner Künstler will an die Opfer des Nazi-Terrors erinnern: an Sinti und Roma, an Homosexuelle und politisch Verfolgte, an Menschen mit Behinderungen und an Juden. Es gibt mehr als 5000 Stolpersteine in 50 Städten. In Trier wäre dieses Projekt beinahe gescheitert.

Die Stolpersteine fallen auf. Das sollen sie auch, denn Gunter Demnig will niemanden zu Fall bringen. Die mit Messing beschlagenen und mit eingravierten Namen versehenen Pflastersteine sind ein „innovatives Mahnmalkonzept“, sagt der Historiker Thomas Schnitzler. Er hat die Arbeitsgemeinschaft Frieden dabei unterstützt, Demnigs Stolpersteine nach Trier zu holen, und arbeitet jetzt zusammen mit dem Kulturverein Kürenz an der Verlegung – zu der es fast nicht gekommen wäre. Die Stolpersteine sollen die traditionelle Gedenkarbeit ergänzen. Unauffällig, spontan, mitten im Alltag soll man sich mit Hilfe der kleinen Denkmäler an die Opfer des Nazi-Regimes erinnern. „Stolpern heißt auch darauf stoßen“, sagt Demnig.

Die Steine werden vor den ehemaligen Wohnhäusern der Deportierten und Ermordeten in den Boden gesetzt. Finanziert werden sie durch Patenschaften im Wert von 95 Euro. Der Kulturverein Kürenz kündigte die Verlegung der ersten 14 Stolpersteine in Trier für den morgigen Samstag an, musste diese Ankündigung jedoch wieder zurückziehen. Der Grund war ein Veto der jüdischen Kultusgemeinde Trier, woraufhin auch die Stadtverwaltung ihr Einverständnis zurückzog. „Ein grundsätzliches Einvernehmen aller Beteiligten ist für die Stadt Voraussetzung dafür, die Aktion Stolpersteine mit zu tragen“, sagte Pressesprecher Hans-Günther Lanfer. „Dieses Einvernehmen ist nicht gegeben.“ Benz Botmann fasst im Gespräch mit dem TV die Bedenken der jüdischen Kultusgemeinde zusammen: „Die Steine und die darin eingravierten Namen können mit Füßen getreten werden. Das darf nicht sein.“ Man solle die Steine ansehen, aber nicht die Füße darauf stellen.

Das bundesweite Gedenkprojekt war in Trier bereits gescheitert, als Oberbürgermeister Helmut Schröer sich einschaltete und beide Parteien inständig bat, nach einer Lösung zu suchen. Diese wurde erst gestern gefunden. „Wir haben die technischen Probleme behoben“, meldete Benz Botmann gegen 16 Uhr. Pressesprecher Lanfer bestätigte wenige Minuten später: „Man hat sich geeinigt.“ Die kleinen Denkmäler werden auf eine Art und Weise verlegt, die den Einwand der jüdischen Kultusgemeinde berücksichtigt. „Die Steine werden leicht erhöht in die Fassaden der jeweiligen Häuser eingesetzt“, erklärt Michael Zupan, Vorsitzender des Kulturvereins Kürenz. Die Verlegung der Trierer Stolpersteine beginnt morgen um 11 Uhr in der Domänenstraße 31.

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