Biografie-Ärger: SPD-Politiker unter Druck

Mainz · Hat der rheinland-pfälzische SPD-Landtagsabgeordnete Thorsten Wehner doch bewusst falsch angegeben, Diplom-Mathematiker zu sein? Die Verwaltung erhärtet den Verdacht.

Mainz. Er habe nie angegeben, Diplom-Mathematiker zu sein, sagte Thorsten Wehner am Wochenende. Der SPD-Landtagsabgeordnete aus dem Kreis Altenkirchen konnte sich nicht erklären, warum er im Handbuch des rheinland-pfälzischen Landtags und auf Wikipedia mit einem Diplom geführt wurde, obwohl er sein Nebenfach Betriebswirtschaftslehre gar nicht beendet hatte.
Die Landtagsverwaltung erhöht nun den Druck auf Wehner. Ein Sprecher teilt mit, man veröffentliche die Daten, die von Abgeordneten freiwillig eingereicht seien. Bei Wehner sei die Anfrage aus dem Jahr 2006 so ausgefüllt worden, dass ein Diplom-Abschluss vorliege. Wehner stand in den Legislaturperioden von 2006 bis 2011 und 2011 bis 2016 als Diplom-Mathematiker im Handbuch des Landtags.
Wehner äußerte sich am Montag nicht gegenüber dem TV. Und auch nicht auf die Frage, ob er auf dem Internetportal Wikipedia der Nutzer "WehnerTh67" ist. Dieser änderte am 17. März 2010 den Netzeintrag über den Politiker, korrigierte aber lediglich das falsch geschriebene Wort "Landatgsfraktion" in "Landtagsfraktion". Die Angabe, Wehner habe sein Studium mit einem Diplom abgeschlossen, blieb im Internet aber falsch stehen. Auch in Kürschners Volkshandbuch, das die Biografien von Landtagsabgeordneten offenlegt, ist Wehner mit einem Abschluss verzeichnet. Verlagsmitarbeiter Markus Fleischer sagt, jeder Abgeordnete erhalte eine E-Mail mit allen ermittelten Angaben, um diese vor der Veröffentlichung prüfen zu können. Wehner habe nicht geantwortet. Der Abgeordnete sagte dem TV, die Mail sei ihm offenbar "durchgegangen".
Der Druck auf Wehner wächst auch aus den eigenen Reihen. SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer bestätigte zwar, man habe vom abgebrochenen Studium gewusst. Doch Fragen blieben offen. Die Fraktionschefs der Ampelpartner, Thomas Roth (FDP) und Bernhard Braun (Grüne) lehnten bewusste Biografie-Fälschungen ab. Die Junge Union sprach von "bewusstem Betrug" Wehners und forderte dessen Rücktritt.
Parallel ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Politiker wegen Betrugsverdachts bei der Arbeiterwohlfahrt im Norden des Bundeslandes. Die Staatsanwaltschaft Koblenz teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, die Ermittlungen dauerten über das Jahr hinaus an und gestalteten sich als "sehr umfangreich". flor

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