Internet Bis zu fünf Jahre Knast: Minister will höhere Strafen für Internethetzer

Mainz · Rheinland-Pfalz pocht im Bundesrat darauf, Bedrohungen schärfer zu ahnden. Das Land startet auch eine Rasterfahndung nach rechtsextremistischen Gefährdern.

 ARCHIV - 30.09.2015, Berlin: ILLUSTRATION - Der Hashtag «#Hass» ist auf einem Bildschirm zu sehen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer informiert am 26.08.2019 bei einer Pressekonferenz über das Sicherheitsgespräch "Gegen Hass und Hetze". Foto: Lukas Schulze/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ARCHIV - 30.09.2015, Berlin: ILLUSTRATION - Der Hashtag «#Hass» ist auf einem Bildschirm zu sehen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer informiert am 26.08.2019 bei einer Pressekonferenz über das Sicherheitsgespräch "Gegen Hass und Hetze". Foto: Lukas Schulze/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Lukas Schulze

Die rheinland-pfälzische Landesregierung macht Dampf, um Internethetzern auf die Schliche zu kommen und Hass-Einträge in sozialen Netzwerken zu bestrafen. Justizminister Herbert Mertin (FDP) kündigte am Montag in Mainz eine Bundesratsinitiative an, in der das Land drastischere Strafen für Bedrohungen fordert.

Wer Bürger öffentlich bedroht  – wie durch Hassbotschaften im Internet – muss danach künftig mit einer Geldbuße oder einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren rechnen. Bislang droht Hetzern für Drohungen höchstens eine Freiheitsstrafe von einem Jahr. Bei Bedrohungen gegen Politiker, die laut Gesetz höheren Schutz genießen, soll das Strafmaß künftig zwischen drei Monaten und fünf Jahren Knast liegen.

Ausweiten will das Land die Strafe auch, wenn Kommunalpolitiker von Hetze betroffen sind, die das Gesetz bislang nicht besonders schützt. Herbert Mertin sagte: „Ein Bürgermeister, der sich für Integration einsetzt, muss inzwischen damit rechnen, bundesweit mit seiner Meinung wahrgenommen zu werden.“ Auch der ermordete Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke hatte sich massiv vor Einwanderer gestellt.

Ob sich im Bundesrat eine Mehrheit für den rheinland-pfälzischen Antrag findet, ließ Mertin offen. Der FDP-Politiker hatte Ex-Justizministerin Katarina Barley nach ihrem Wechsel ins europäische Parlament vorgeworfen, bei einem schärferen gesetzlichen Schutz von Kommunalpolitikern vor übler Nachrede und Verleumdung nichts getan zu haben. „Die Aktivität war nicht feststellbar, was ich bedauert habe“, sagte Mertin am Montag erneut auf TV-Nachfrage. Nun erhöht Rheinland-Pfalz den Druck über die Länderkammer – abgesegnet von der Ministerpräsidentin und kommissarischen SPD-Bundeschefin Malu Dreyer.

Die Triererin sagte, Drohungen wirkten in der Kommunalpolitik wie schleichendes Gift, wenn es darum gehe, wer noch ein Ehrenamt bekleiden wolle. „Das Netz darf kein rechtsfreier Raum sein. Wie aus Worten Taten werden können, hat der Mordfall Lübcke gezeigt“, betonte Dreyer. Auch in Rheinland-Pfalz kämpfen Politiker mit Gewalt. 23 politisch motivierte Straftaten gab es in diesem Jahr bereits gegen Mandatsträger im Land.

Das Land treibt selber mit einem Zehn-Punkte-Plan besonders den Kampf gegen Rechts voran. 77 Prozent aller Hass-Einträge im Internet – das zeigten Zahlen des Bundesinnenministeriums – wiesen rechtsextremen Hintergrund auf. Hervorstechend für Rheinland-Pfalz: In jeder Polizeiinspektion werde künftig ein Ansprechpartner zum Umgang mit Rechtsextremismus geschult, sagte Innenminister Roger Lewentz (SPD). Das Landeskriminalamt schaffe bis 2020 ein eigenes Ermittlungsdezernat. Mit einer Rasterfahndung will das Land nach rechtsextremistischen Gefährdern suchen und sich dabei an die sogenannte Aerbit-Liste anlehnen, mit der das LKA die Datenbanken schon nach islamistischen Terrorverdächtigen untersucht hat.

Die Landesmedienanstalt soll interessierte Medienpartner darin schulen, Hassbotschaften aus sozialen Netzwerken zu sichern und zur Anzeige zu bringen. Beim Verfassungsschutz arbeitet bereits eine Eingreiftruppe daran, rechte, ­anonyme Hetzer aus dem Netz besser aufzuspüren. Für bedrohte Politiker und kommunale Mitarbeiter gibt es eine Hotline.

Die Grünen-Landtagsabgeordnete Pia Schellhammer lobte das Paket: „Üble Nachrede und Verleumdung gegenüber den späteren Opfern von Gewalttaten gehen den Taten oft voraus und bilden den Nährboden, der Hasstaten überhaupt erst denkbar macht“, sagte Pia Schellhammer.

AfD-Fraktionschef Uwe Junge begrüßte, Sicherheitsbehörden gegen Gewalt und Hass zu verstärken. Der Landesregierung warf er dennoch einen „ideologischen Kampf gegen politische Gegner“ vor. Junge verwies auf körperliche Angriffe gegen AfD-Mandatsträger und kritisierte bei der Ampelkoalition „konsequente Blindheit auf dem linken Auge“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort