Bitburger Gespräche: Realität enteilt der Justiz

Der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, hat bei den Bitburger Gesprächen eine noch stärkere Abstimmung von sicherheits- und außenpolitischen Maßnahmen auf EU-Ebene gefordert.

Biersdorf. Ziercke warnte bei der gestern zu Ende gegangenen zweitägigen Tagung in Biersdorf am See (Eifelkreis Bitburg-Prüm) davor, dass die polizeiliche Realität der juristischen enteilt sei. Binnen zehn Jahren habe sich die Lage durch die europäische Integration und die Öffnung der Grenzen rasant verändert: "Heute haben wir es mit hochmobilen Kriminellen zu tun." In Zeiten von Internet-Verbrechen und weltweiter Datenvernetzung wären die alten Schlagbäume aber auch längst überholt - Kriminalität mache an keiner Grenze halt. Seine Schlussfolgerung: "Nationale Pläne verpuffen. Die deutsche Sicherheit muss von Brüssel aus gedacht werden - mit internationaler Kooperation."

Hauptgegner seien der religiös motivierte Terrorismus und das Organisierte Verbrechen. In den vergangenen Jahren seien sieben konkrete Anschläge in Deutschland verhindert worden, so der BKA-Chef. Bei deren Bekämpfung sei der Datenaustausch zwischen den EU-Ländern entscheidend - angemessener Datenschutz vorausgesetzt. "Nur durch gegenseitige Informationen können Gesuchte nicht über die Grenze entkommen." Ergebnis: In den vergangenen Jahren wurden bereits Tausende Festnahmen durch gemeinsame Datenbanken erzielt. Hindernisse gebe es indes durch die noch unklare rechtliche Lage. So werde das Strafrecht weiterhin weitgehend als nationale Angelegenheit gesehen. Was in der Realität zu vielen Hemmungen führe, so Ziercke. Eindringliche Unterstützung erhielt er dabei von Generalbundesanwältin Monika Harms. Das Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Rechtspolitik kritisierte, dass die Kriminellen der Justiz auf EU-Ebene immer mehrere Schritte voraus seien. Stichwort Bitburger Gespräche: Die Bitburger Gespräche wurden 1972 von Staatsminister Otto Theisen ins Leben gerufen. Sie bieten ein Forum für die öffentliche Diskussion und den Austausch von Wissenschaft und Praxis auf Gebieten aktueller Rechtspolitik. Sie fanden jetzt zum 54. Mal statt. (sey)

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