Brüssel prüft alle Finanzspritzen für den Nürburgring

Mainz · Droht dem Land infolge des EU-Beihilfeverfahrens zum Nürburgring ein finanzielles Horrorszenario? CDU und FDP sehen das so, während Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) Gelassenheit demonstriert und Vorwürfe zurückweist.

Mainz. Auch nach fast 18 Jahren als rheinland-pfälzischer Regierungschef wundert sich Kurt Beck manchmal noch. "Ich bin über den Neuigkeitswert erstaunt", antwortet der Sozialdemokrat neugierigen Journalisten am Montag auf Fragen zum Nürburgring-Beihilfeverfahren der EU-Kommission. "Wir wissen schon lange, dass die Kommission ein Beihilfeverfahren einleiten will. Das hat sie jetzt getan."
Kurt Beck macht nicht den Eindruck, als belaste ihn der Vorgang. Sein Credo: Brüssel hat eine andere - aus seiner Sicht unhaltbare - Meinung als die rot-grüne Landesregierung. Selbst wenn die EU-Kommission Recht damit behalten sollte, dass gut eine halbe Milliarde Euro öffentlicher Fördermittel für die Eifel-Rennstrecke verbotene, wettbewerbsverzerrende Beihilfen gewesen ist, werde nichts passieren. Vorwürfe der Opposition bügelt Beck mit einem Satz ab: "Die CDU hat nichts verstanden."
So gelassen wie der Boss scheint man in den beteiligten Ministerien nicht zu sein. Dort herrscht eine gewisse Ratlosigkeit. Auf die Frage, welche schlimmstmöglichen Folgen der Vorgang für den Landeshaushalt haben könne, verweist das Finanz- ans Innenministerium. Von dort heißt es nur, das EU-Schreiben werde ausgewertet.
Aus dem Eröffnungsbeschluss des EU-Verfahrens geht hervor, dass sich das Land binnen eines Monats zu den vorläufigen Feststellungen der Kommission äußern muss. Auf knapp drei DIN-A-4-Seiten wird ferner aufgelistet, welche zahlreichen Informationen über diverse Darlehen und Zinskonditionen noch nach Brüssel nachzuliefern sind.
Für CDU-Fraktionsvize Alexander Licht ist klar: "Die Nürburgring GmbH gehört dem Land - Eltern haften für ihre Kinder." Alle direkten oder indirekten Leistungen des Landes an die Gesellschaften am Nürburgring stünden auf dem EU-Prüfstand. "Wenn sich die Vorbehalte der EU-Kommission bestätigen, droht der Zwang zur Rückzahlung aller dieser Zuwendungen und Kredite. Natürlich werden dann massiv Haushaltsmittel des Landes notwendig und fällig."
Die außerparlamentarische FDP liest den Eröffnungsbeschluss so: "Aus dem Bericht geht nicht nur hervor, dass auf die rheinland-pfälzische Landesregierung ein Haushaltsrisiko von mehr als 500 Millionen Euro zukommt. Vielmehr wird die Auffassung vertreten, dass Kurt Beck mit seiner Behauptung, dass am Nürburgring keine Landesmittel geflossen seien, die Öffentlichkeit falsch informiert hat."
Sollte die EU-Kommission das Land zwingen, die Mittel von seiner 90-Prozent-Tochter Nürburgring GmbH zurückzufordern, "steht Rheinland-Pfalz vor dem Offenbarungseid", folgert FDP-Landeschef Volker Wissing.Extra

Das Landeskabinett hat sich in laut Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) "äußerst arbeitsamer Atmosphäre" der Energiewende, einem "Megathema" der Landesregierung, gewidmet. Das Land sei auf einem guten Weg, wie der dritte Platz im Bundesländervergleich belege. In Rheinland-Pfalz gebe es die höchste Akzeptanz der Bürger für neue Windräder. Lemke: "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht." Das Land verfolge eine Strategie der dezentralen Versorgung, anders als der Bund. Damit sich kommunale Unternehmen stärker betätigen könnten, werde die Gemeindeordnung geändert. Zum 1. Juli starte die Landesenergieagentur. Kommunale und regionale Agenturen erhielten eine Starthilfefinanzierung. Ferner würden die Energieberatungsstellen der Verbraucherzentralen unterstützt, um eine kostenlose Erstberatung der Bürger zu gewährleisten.fcgExtra

Im Gesundheits- und Pflegebereich sowie in technischen und grünen Berufen zeichnet sich im Land ein Mangel an Fachkräften ab. Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sieht "keine Katastrophe, aber punktuelle Mängel". Das Land will eine Werbekampagne starten, um junge Leute zu halten und zu gewinnen. Außerdem soll die Frauenerwerbsquote durch den Ausbau der Kinderbetreuung gesteigert werden. Auch die Potenziale von Migranten gelte es zu nutzen, sagte Beck nach der Klausurtagung des Kabinetts. In Zusammenarbeit mit Partnern wie dem Ovalen Tisch und der Bundesagentur für Arbeit solle die Weiterbildungsquote in Betrieben erhöht werden. Auch die altersgerechte Umgestaltung von Arbeitsplätzen und die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse müsse vorangetrieben werden. "Wir brauchen eine geordnete Zuwanderung", sagte Beck.fcg

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