Bürgerbeteiligung: Kommunen wehren sich

Rheinland-Pfalz · Live übertragene Stadtratssitzungen, transparente Haushalte und mehr Bürgerbegehren: Von den rot-grünen Gesetzesplänen zur Bürgerbeteiligung halten die kommunalen Spitzenverbände rein gar nichts.

Rheinland-Pfalz. Landkreistag, Städtetag sowie Gemeinde- und Städtebund sind sich einig: In einem fünfseitigen Brandbrief an die Fraktionschefs, der unserer Zeitung vorliegt, lassen sie kein gutes Haar an den rot-grünen Gesetzesplänen zur Bürgerbeteiligung. Das Schreiben gipfelt in dem Satz: "Die Realität in den Gemeinden unterscheidet sich von Vorlesungen in Hörsälen der Universitäten und Diskussionszirkeln." Deutlicher hätte die Adressierung in Richtung grüne Landtagsfraktion nicht ausfallen können.
Angesichts der Flüchtlingskrise meinen die kommunalen Spitzenverbände: "Schließlich sei die Frage erlaubt, ob wir derzeit keine anderen Probleme haben." Die Kommunen warnen davor, die direkte Demokratie zu weit zu treiben. Innerhalb von kürzester Zeit muss vor Ort über Flüchtlingsunterkünfte entschieden werden. Dies treffe "in den betroffenen Gemeinden und unter den Nachbarn keineswegs immer auf Verständnis und Wohlwollen". Und weiter: "Will die Mehrheit des Landtags auch diese Fragen direktdemokratischen Entscheidungen unterwerfen?"
Das Schreiben zerreißt die rot-grünen Pläne förmlich. Eine Regelung für den offenen, transparenten Haushalt halten die Spitzenverbände für "entbehrlich". Vor allem bei den 639 Gemeinden unter 300 Einwohnern stehe der Erkenntnisnutzen "in keinem Verhältnis zum Aufwand".
Auch die geplanten Live-Übertragungen aus Sitzungen sehen die Kommunalen skeptisch, zumal durch Mehrheitsbeschluss. "Der Schutz des Mandatsträgers ist nicht mehr gegeben", heißt es. Die Kommunalvertreter befürchten einen Anstieg bloßer "Fensterreden".
Zudem ärgert die Spitzenvertreter, dass der Kostendeckungsvorschlag bei Bürgerbegehren entfallen soll. Das öffne populistischen Aktionen "Tür und Tor". Und: Die geplante Absenkung der Quoren für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide halten sie für bedenklich. Im Extremfall könnten 15 Prozent der Wahlberechtigten ein solches Verfahren in Gang setzen, heißt es. Die Sorge: Das Land bahnt den Weg zur "Neinsager-Demokratie". Letzter Punkt: Die Spitzenverbände halten nichts davon, dass sich künftig bereits 14-Jährige an Einwohneranträgen beteiligen können.

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