Einwanderung Polizei erwischt Schleuser an der Grenze: Warum immer mehr Migranten über Griechenland in die Region Trier fliehen

Trier/Hahn/Luxemburg · Warum Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan den Süden Europas trotz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis verlassen. Wieso ihnen derzeit keine Abschiebung aus Deutschland droht.

Bundespolizei Trier erwischt Schleuser und illegal Einreisende
Foto: dpa/Panagiotis Balaskas

In die Region Trier reisen immer mehr Flüchtlinge ein, die eigentlich schon Asyl in Griechenland bekommen, aber in Deutschland eine neue Bleibe finden wollen. Wie die Bundespolizei Trier mitteilte, haben Beamte innerhalb der vergangenen 15 Tage 120 Flüchtlinge erwischt, die an den Flughäfen Hahn und Luxemburg gelandet waren. An der deutsch-luxemburgischen Grenze stoppten Fahnder Schleuser, die aus Griechenland kommende Flüchtlinge nach Deutschland bringen wollen. Die Migranten gaben an, Asyl beantragen zu wollen, teilte die Polizei mit. Es handele sich vor allem um Syrer und Afghanen mit Familien und Kindern. Die Polizei brachte sie in die regionalen Aufnahmeeinrichtungen in Trier und Hermeskeil. Gegen die Fahrer seien Ermittlungsverfahren wegen Einschleusens von Ausländern eingeleitet worden, gegen die Migranten wegen unerlaubter Einreise, weil sie eigentlich schon Schutz in Griechenland bekommen. Im Bürokraten-Deutsch heißt das „Sekundärmigration“. Stefan Döhn, Sprecher der Bundespolizei Trier, spricht von einer Zahl, „die zuletzt enorm zugenommen hat“.

Dabei ist die reine Einreise nach Deutschland sogar legal. Laut der Europäischen Union dürfen in der EU anerkannte Flüchtlinge für bis zu 90 Tage in andere Mitgliedsstaaten reisen, um Urlaub zu machen oder Freunde zu besuchen. Gegner monieren: Die Regel werde meist ausgetrickst, um in einem anderen Land einen neuen Asylantrag zu stellen.

Tatsächlich dürfen die Flüchtlinge zunächst auch in Deutschland bleiben. Der Grund: Erste Gerichte haben Abschiebungen nach Griechenland verboten. Das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen entschied, dass Schutzberechtigten bei einer Rückkehr nach Griechenland „die ernsthafte Gefahr einer erniedrigenden Behandlung“ drohe. Konkret sprach das Gericht davon, dass die Flüchtlinge „weder eine menschenwürdige Unterkunft noch eine Arbeit finden“ und auch keinen Zugang zu Sozialleistungen erhalten. Die Corona-Pandemie habe die Bedingungen erneut verschlechtert.

Torsten Jäger, Geschäftsführer des Initiativausschusses für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz, fordert Hilfe für die eingereisten Menschen. „Anstatt die Leute im Orbit der Ungewissheit zu lassen, sollten wir überlegen, wie wir ihnen hier eine Perspektive eröffnen“, sagt Jäger, der Zustände in Griechenland kritisiert. Wer dort sicher Aufenthalt bekomme, habe bloß 30 Tage Zeit, die Flüchtlingsunterkunft zu verlassen. An Sozialleistungen fehle es. „Die Menschen sind auf sich alleine, auf Gott oder auf Helfer angewiesen, die sich ihrer erbarmen. Und das auf einem Arbeitsmarkt, der von der Corona-Krise geprägt ist. Mich wundert es nicht, wenn gerade Familien mit Kindern den Weg in andere Länder aufnehmen, in denen sie auf ein besseres Leben hoffen“, sagt Jäger.

Das rheinland-pfälzische Integrationsministerium bestätigt auf TV-Anfrage einen Anstieg an Menschen, die trotz eines bestehenden Schutzstatus in Griechenland einen Asylantrag in Deutschland stellen. Waren es im gesamten vergangenen Jahr in Rheinland-Pfalz 610 Personen, seien es in diesem Jahr bereits 600. Auch das grün-geführte Landesministerium sieht den Grund in fehlender Unterstützung für Schutzberechtigte in Griechenland, um „ein menschenwürdiges Überleben sicherzustellen“. Deren Asylverfahren seien vom Bund ausgesetzt, bis dieser eine Einigung mit Griechenland erzielt habe. Abschiebungen gibt es momentan also nicht. Die Zugänge seien aber gut zu bewältigen, da im Juni zusätzlich die Aufnahmeeinrichtung in Bitburg den Betrieb aufgenommen habe, heißt es vom rheinland-pfälzischen Integrationsministerium.

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