Bundesweit schlechteste Noten für Pflegeeinrichtungen im Land

Mainz · Die Pflegeheime und ambulanten Pflegedienste in Rheinland-Pfalz bekommen vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Schnitt schlechtere Noten als in vielen anderen Bundesländern. Das geht aus einer Auswertung des Ersatzkassenverbandes für 2013 hervor. Fraglich ist jedoch, was dies über die Qualität der Pflege im Land aussagt.

Mainz. Kritik am Pflege-Tüv gibt es seit seiner Einführung 2009. Bei den rheinland-pfälzischen Heimen beträgt die Durchschnittsnote 1,4. Das entspricht zwar wie in der Schule der Note "sehr gut", aber für Rheinland-Pfalz und Bremen bedeutet dieser Wert den gemeinsamen letzten Platz. Die ambulanten Dienste kommen in Rheinland-Pfalz auf die Durchschnittsnote 1,5, ebenso wie in Nordrhein-Westfalen. Damit landen beide Länder unter dem Bundesdurchschnitt von 1,3. Wenn Prüfer sich anmelden

Als möglicher Grund für die Unterschiede gilt die nicht komplett einheitliche Prüfpraxis in den Ländern. "Wir haben festgestellt, dass andere Medizinische Dienste sich ein bis zwei Wochen vor den Prüfungen anmelden", sagt Martin Canzler, Leiter des Bereichs externe Prüfungen beim MDK Rheinland-Pfalz. Hierzulande kämen die Prüfer stets unangemeldet ins Heim. Nur bei den ambulanten Diensten sagt sich der MDK einen Tag vorher an, weil sonst möglicherweise in der Geschäftsstelle niemand anzutreffen wäre. Nach der Pflegetransparenzvereinbarung müssen jeweils zehn Prozent der Betreuten in die Qualitätsprüfung einbezogen werden. "Nicht alle werden wirklich zu Hause besucht", sagt Canzler. Andernorts finde die Befragung zum Teil nur am Telefon statt. "Wir haben keine schlechte Pflege in Rheinland-Pfalz", betont Sigrid Hansen, Pressesprecherin des Ersatzkassenverbands im Land. Allerdings sei die Forderung der Pflegekassen, dass der Kernbereich der Pflege gegenüber der Pflegedokumentation stärker gewichtet werden soll, nicht umgesetzt worden. "Die Gesamtnoten sind das eine", sagt Gudrun Mattusch, Gesundheitsexpertin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Die Transparenzberichte geben aber auch Anhaltspunkte im Detail, etwa ob ein Heim auf die speziellen Bedürfnisse dementer Bewohner eingeht, wie Medikamente gegeben werden und wie sorgfältig dem Wundliegen vorgebeugt wird. Die Einrichtungen selbst sind lediglich verpflichtet, die Gesamtnote auszuhängen, müssen aber auf Nachfrage den Prüfbericht herausgeben. Daneben sei es wichtig, sich selbst ein Bild zu machen: "Persönlich reingehen, auch zu den Mahlzeiten", rät Expertin Mattusch. Grundsatzkritik kommt vom Pflegeselbsthilfe-Verband. "Wir lehnen das System komplett ab, es ist reine Augenwischerei", sagt Vorsitzende Adelheid von Stössel. "Das schlechteste Heim kann die besten Noten haben, wenn es die Formalien beachtet." Aus der Sicht des Verbands verdienen die meisten Heime in Wahrheit die Note mangelhaft, da sie personell chronisch unterbesetzt seien.Extra

2011 lebten in Rheinland-Pfalz 113 500 Pflegebedürftige, davon mehr als 80 Prozent älter als 70 Jahre. Mehr als 70 Prozent wurden zu Hause betreut, rund 32 800 Pflegebedürftige in Heimen. Fast 23 300 wurden von einem ambulanten Dienst betreut. Der Medizinische Dienst der Pflegekassen hat im Land bisher 434 ambulante Dienste und 435 Heime geprüft. Einzelergebnisse der Einrichtungen stehen im Internet auf www.pflegeheim-navigator.de der AOK oder www.pflegelotse.de der Ersatzkassen. Die Bertelsmannstiftung informiert auf pflegeheim.weisse-liste.de über Angebote von Heimen. ren

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