CDU-Chefin Klöckner: Schlingerkurs von Rot-Grün gefährdet Existenz des Hahn

Mainz · Die CDU im Landtag macht sich für den Flughafen Hahn stark und greift die Landesregierung an, in der ein "Zuständigkeitswirrwarr" herrsche. Für Störfeuer sorgt allerdings ein Unionsabgeordneter mit einer umstrittenen Äußerung.

Mainz. Es gibt Tage im Leben eines Politikers, an denen es knüppelhart kommt. Ein solcher Tag war gestern für den CDU-Landtagsabgeordneten Wolfgang Reichel aus Mainz. Seine Fraktion will die Landesregierung mit elf Forderungen zur Zukunft des Flughafens Hahn stellen, doch Reichel torpediert dieses Vorhaben zum Leidwesen der Union mit einer strittigen Äußerung.
Reichels Aussage gegenüber Reportern: Grundsätzlich seien Flugverlagerungen von Frankfurt zum Hahn anzustreben, und zu diesem Zweck müssten lärmgeplagte Anwohner umgesiedelt werden. Als Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Nils Wiechmann von "Dummgebaddel" spricht und ebenso wie SPD-Generalsekretär Alexander Schweitzer eine Rücknahme fordert, rudert Reichel zurück: Seine Äußerung sei nur ironisch gemeint gewesen.
CDU-Chefin Julia Klöckner erzählt, Reichel sei von den Folgen seiner Äußerung "ziemlich irritiert" gewesen und habe sie in der Fraktion klargestellt. Damit betrachtet sie die Sache als erledigt.
Viel lieber redet die 38-Jährige über den Schlingerkurs, den sie der Landesregierung vorwirft. "Die Grünen haben grundsätzlich ein Problem mit dem Fliegen. Wie passt das zusammen, wenn sie Nein zum Hahn und Ja zur Hunsrückbahn sagen?" Einige Geschäftspartner würden schon lange auf Rückrufe warten. Zudem klage die irische Fluggesellschaft Ryanair darüber, dass eine Zahlung von einer Million Euro seitens der Landesregierung ausstehe. All das gefährde die Existenz des Flughafens Hahn.
Die Christdemokraten stellen klare Forderungen. Sie verlangen von Rot-Grün eine einheitliche, abgestimmte Haltung und ein klares Bekenntnis zum Hahn. Zentrale Grundbedingung für die weitere Entwicklung des Flughafens sei Nachtflug. "Ein Nachtflugverbot wäre der Tod des Hahn", mahnt der Parlamentarische Geschäftsführer Hans-Josef Bracht. Die Regierung müsse ferner geschlossene Verträge einhalten, ein Verstetigungskonzept mit Ryanair vorlegen und zugleich einen Wettbewerb von Fluggesellschaften ermöglichen.
Große Chancen sieht die CDU darin, erneut Kontakt mit dem früheren privaten Mehrheitseigner der Hahn-Gesellschaft, der Frankfurter Fraport AG, aufzunehmen. Nach einem Gespräch in der hessischen Staatskanzlei gebe es Signale von Interesse. "Die Fraport hat immerhin jahrelang komplett die Defizite des Hahn getragen. Das kann der Hahn auf Dauer alleine nicht schaffen", sagt Bracht.
Voraussetzung für eine erneute Kooperation mit der Fraport AG, an der das Land Hessen 31,5 Prozent der Aktien hält, sei die Aktivierung der Hunsrückbahn. "Hessen sagt klipp und klar: Ohne Bahnanschluss ist der Hahn für uns nicht interessant", erklärt Bracht. Fraktionsvize Alexander Licht ergänzt, falls das Bundesverwaltungsgericht Leipzig im Januar ein Nachtflugverbot für den Flughafen Frankfurt verfüge und der Hahn auf eine Übernahme von Nachtflügen hoffe, müsse die Landesregierung die Voraussetzungen schaffen. Konkurrenten stünden parat. "Am Flughafen Kassel wird für mehr als 260 Millionen Euro ausgebaut."
Die CDU pocht auf die Einbeziehung eines soliden privaten Investors, der nicht unbedingt die Fraport AG sein müsse. Allerdings müsse die Landesregierung bereit sein, 51 Prozent der Anteile am Hahn abzugeben. "Wer viel Geld investiert, will auch das Sagen haben", erläutert Licht.Meinung

Törichtes Eigentor
Mit der Ironie ist das so eine Sache. Manche verstehen sie nicht, andere wollen sie nicht verstehen. Wenn allerdings jemand wie der CDU-Abgeordnete Wolfgang Reichel davon spricht, zugunsten von mehr Nachtflug am Hahn dortige Anwohner umzusiedeln und das rückwirkend als ironische Anmerkung verkauft, dann ist er damit eindeutig zu weit gegangen. Ironie verbietet sich in diesem Zusammenhang. Das Schlimme ist: Wer Reichels von Radioreportern aufgenommenen Äußerungen lauscht, der erkennt, dass er es keinesfalls ironisch gemeint hat. Seine Sätze kommen zu ernst und sachlich daher. Der CDU-Abgeordnete hat schlicht ein törichtes Eigentor produziert. Er konterkariert damit die ernstzunehmenden Forderungen seiner Fraktion gegenüber der Landesregierung, die von großer Sorge geprägt sind. Rot-Grün hat wie bei fast allen großen Infrastrukturprojekten im Land auch am Hahn ein Glaubwürdigkeitsproblem. Die SPD stützt den Flughafen, die Grünen sind prinzipiell dagegen, Billigfliegerei mit staatlichen Mitteln zu unterstützen. Daraus entsteht eine Kakophonie, die dem Hahn massiv schadet. f.giarra@volksfreund.de

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