„Die SPD ist hochnervös“ CDU-Spitzenkandidat Christian Baldauf im Interview - „Wir schaffen Straßenbeiträge bei Wahlsieg ab“

Mainz · Der CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl spricht darüber, wo er glänzen will, wie er die Situation der Partei im Bund einschätzt und verspricht im Falle eines Wahlsiegs das völlige Aus von Straßenausbaubeiträgen in Rheinland-Pfalz.

 Christian Baldauf, CDU-Spitzenkandidat im Land 2021, kontert Vorwürfe der SPD und hätte sie sich in einem Koalitionskrach energischer gewünscht.

Christian Baldauf, CDU-Spitzenkandidat im Land 2021, kontert Vorwürfe der SPD und hätte sie sich in einem Koalitionskrach energischer gewünscht.

Foto: dpa/Andreas Arnold

(flor) Den Kaffee während des Interviews trinkt Christian Baldauf aus einer Tasse des 1. FC Kaiserslautern. Er ist – wie SPD-Landesgeneralsekretär Daniel Stich – Fan der Roten Teufel. Vielleicht ist das eine der wenigen Gemeinsamkeiten der beiden Politiker. Stich provozierte Baldauf vor Tagen im Volksfreund. Nun antwortet Baldauf – CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2021. Im Gespräch mit unserem Mainzer Korrespondenten Florian Schlecht redet er über den Vorwurf fehlender Strategie, kritisiert Versäumisse der Genossen im Land, widerspricht Friedrich Merz und gibt ein Versprechen ab.

Herr Baldauf, wo ist ein Jahr vor der Landtagswahl Ihr Profil?

Baldauf: Sie sind der Erste, der mich das fragt. Ein Jahr vor der Wahl besitze ich ein Profil, habe seit 52 Jahren eines und werde auch in den nächsten zehn Jahren nicht ohne Profil durchs Leben gehen.

SPD-Landesgeneralsekretär Daniel Stich hat Ihnen im Interview mit unserer Zeitung vorgeworfen, es würde Ihnen an einem politischen Profil, einer Strategie fehlen. Hat er recht?

Baldauf: Das zeigt nur, wie hochnervös die SPD ist. Der Generalsekretär widmet mir zwei Drittel seines Interviews im Trierischen Volksfreund! Ein polemischer Versuch, von den Problemen im Land abzulenken, die sich während der Regierungszeit von SPD-Ministerpräsidentin Dreyer angehäuft haben: Die Bildung unserer Kinder, die flächendeckende Gesundheitsversorgung, die marode Infrastruktur, abgehängte Regionen. Rheinland-Pfalz driftet auseinander.

Trotzdem: Seit dem Sieg um die Spitzenkandidatur bei der CDU gegen Marlon Bröhr ist es spürbar ruhiger um Sie geworden. Was ist der Grund dafür?

Baldauf: Ihr Eindruck stimmt nicht. Wir haben in den vergangenen Wochen engagiert für eine bessere Bildungspolitik gestritten.  Das fand breites  Echo. Noch nie in den SPD-Regierungsjahren haben sich so viele Eltern und Direktoren über die Zustände an den Schulen im Land beschwert. Die Überlastungsanzeigen häufen sich. Die CDU positioniert sich intensiv für eine wohnortnahe medizinische Versorgung. In der Fläche wird sehr wohl wahrgenommen, dass wir Themen aufgreifen, die vor Ort bewegen.

Wann kommt die CDU mit Ideen raus, wie sie die Probleme anpackt?

Baldauf: Wir bauen solide unseren Wahlkampf auf. Bis zum Sommer hören wir in die Regionen hinein. Wo laufen welche Probleme auf? Dann diskutieren wir gemeinsam mit Parteimitgliedern und interessierten Bürgerinnen und Bürgern, wie Rheinland-Pfalz besser regiert werden kann, und erarbeiten Vorschläge, was wir verändern wollen.

Die SPD räumt aber schon so manche Baustelle ab – wie die Straßenausbaubeiträge, wo sie hohe Einmalzahlungen ab 2024 verbietet.

Baldauf: Die Straßenausbaubeiträge sind als Thema nicht abgeräumt. Sie sind ein gutes Beispiel dafür, wie die Landesregierung bloß Pflaster über Wunden klebt, ohne spürbare Wirkung zu erzielen. Die Vorschläge der Ampelkoalition, Bürger zu wiederkehrenden Ausbaubeiträgen zu verpflichten, sind ungerecht. Wir bleiben bei unserem Vorschlag, die Beiträge komplett abzuschaffen. Nur ein solcher Schritt entlastet die Bürger tatsächlich.

Schaffen Sie die Ausbaubeiträge ab, wenn Sie 2021 in die Staatskanzlei einziehen?

Baldauf: Die CDU hat das zugesichert,  und sie hält dieses Versprechen. Den Anteil, für den die Rheinland-Pfälzer nach unserem Wahlsieg nicht mehr aufkommen müssen, finanzieren wir aus der Landeskasse. Die Kommunen behalten die Planungshoheit.

SPD-Landesgeneralsekretär Daniel Stich hat Ihnen vorgeworfen, sich nach der Thüringen-Wahl nicht genug von rechts abgegrenzt zu haben. Was sagen Sie dazu?

Baldauf: Einfach falsch. Wir fanden klare Worte: Keine Zusammenarbeit, keine Kooperation, keine Koalition mit der AfD. Herr Stich sollte besser bei seinem liberalen Koalitionspartner sticheln. Hat doch Minister Wissing hocherfreut seinem Parteifreund Kemmerich gratuliert, der sich mit AfD-Stimmen zum Ministerpräsidenten wählen ließ. Wissing nannte die Wahl sogar „honorig“! Die Grünen  kritisierten dies,  immerhin. Frau Dreyer übte sich dagegen wie immer im Weglächeln.

Birgt die Aussage von Volker Wissing also Konfliktpotenzial mit Blick auf eine mögliche Koalition mit der CDU 2021?

Baldauf: Herr Wissing hat noch ein Jahr Zeit, um sich zu sortieren. Ich empfehle ihm, keine internen Kriege um Ausschlussverfahren zu führen, wie jetzt gegen die Abgeordnete Helga Lerch. Die CDU wird bei der nächsten Landtagswahl für eigene Ziele werben und nicht für Koalitionen.

Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließen Sie weiter aus?

Baldauf: Eine Zusammenarbeit kann es deshalb schon nicht geben, weil die AfD die demokratische Ordnung infrage stellt. Sie will einen völkischen Staat und nimmt dafür Hass und Hetze in Kauf.  Das lehnen wir ab. Die Linkspartei will einen kommunistischen Staat. Das lehnen wir ebenso ab. Ich habe aus Ihrem Interview mit Herrn Stich nicht herausgelesen, dass er ein Linksbündnis in Rheinland-Pfalz explizit ausschließt.

Friedrich Merz sieht hingegen durch das Abkommen, in Thüringen den Linkspolitiker Bodo Ramelow mit Stimmen der CDU zum Ministerpräsidenten zu wählen, die Glaubwürdigkeit der CDU bundesweit gefährdet. Stimmen Sie zu?

Baldauf: Nein, natürlich nicht. Ich schätze Friedrich Merz, aber was hilft es, wegen der Turbulenzen im kleinen Landesverband Thüringen die CDU insgesamt schlecht zu reden? Dafür habe ich kein Verständnis.  In unseren Orts- und Kreisverbänden, in Gemeinde- und Stadträten machen deutschlandweit Christdemokraten gute und glaubwürdige Politik.

Wer soll neuer CDU-Chef im Bund werden?

Baldauf: Zunächst brauchen wir einen klaren Fahrplan, wer sich bis wann bewerben kann. Bis Dezember darf das nicht warten. Die Kandidaten sollten sich zügig vorstellen, ihre Positionen, ihr Programm. Wie wollen sie  die bürgerliche Mitte erreichen? Die Union wieder auf mehr als 30 Prozent bringen? Wie gegen das Grünen-Duo Baerbock/Habeck Kanzler werden?

Wer ist Ihr Favorit auf den Vorsitz?

Baldauf: Mir ist wichtig, nicht nur eine Person, sondern auch Inhalte zu wählen.  Alle bisher bekannten Interessenten bilden verschiedene Spektren ab. Am liebsten wäre mir,  sie würden sich in einem Team finden und auf verschiedenen Positionen Verantwortung übernehmen. Damit haben wir in Rheinland-Pfalz zuletzt gute Erfahrungen gemacht.

Aber am Ende braucht es einen Kopf, der führt. Wer ist das in Rheinland-Pfalz? Der Spitzenkandidat Baldauf oder die Landeschefin Klöckner?

Baldauf: Wir arbeiten vertrauensvoll im Team zusammen.

Und den Bundeskanzler-Kandidaten der Union stellt am Ende die CDU, nicht die CSU?

Baldauf: Bisher hat Markus Söder noch nicht signalisiert, dass er Bundeskanzler werden will. Er müsste erst mal sein Interesse erklären. Dann reden die Schwesterparteien darüber, wer es macht.

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