COC-Nummernschilder bei Kriminellen beliebt? Dubiose Zulassungsfirma meldet Tausende Autos in Cochem an

Cochem · Kunden einer KFZ-Zulassungsfirma sind ins Visier der Staatsanwaltschaft Koblenz geraten. Die Firma soll zu Tausenden Kraftfahrzeuge im Kreis Cochem-Zell auf sich angemeldet haben – und die fielen der Polizei häufig im Zusammenhang mit Straftaten auf. Auch die italienische Finanzpolizei fahndet nach Autos mit Cochem-Zeller Zulassung. Der Landkreis hat mit den Zulassungen mehrere Millionen Euro verdient.

COC-Nummernschilder bei Kriminellen beliebt? Dubiose Zulassungsfirma meldet Tausende Autos in Cochem an
Foto: Marc Müller (dpa)

Seit dem Jahr 2008 hat der Kreis Cochem-Zell mehrere Millionen Euro verdient, indem er einer sogenannten Zulassungsfirma den Weg geebnet hat, die massenhaft Fahrzeuge mit ZEL- und COC-Kennzeichen ausstattete. Das berichtet die Koblenzer Rheinzeitung.

Dabei war offenbar nicht entscheidend, ob das Fahrzeug jemals auf Kreisstraßen unterwegs war. Im vorigen Jahr soll der Kreis mit dieser Praxis rund 400 000 Euro netto an Gebühren eingenommen haben, teilt die Kreisverwaltung mit. Die Aufsichtsbehörde ADD habe dies ausdrücklich gutgeheißen und anerkannt, sagte Landrat Manfred Schnur. Das habe den Kreishaushalt und "somit mittelbar den Steuerzahler" entlastet.

Die gewerbliche Zulassungsfirma aus Baden-Württemberg, mit der der Kreis Cochem-Zell zusammengearbeitet hat, soll im vorigen Jahr etwa 27.000 Fahrzeuge über sich angemeldet haben - bei 64.000 Einwohnern und 41.000 Zulassungen insgesamt. Von besonderem Interesse ist dies für Autohändler: Sie können ein beispielsweise aus dem Ausland einzuführendes Auto besser an den Mann bringen, wenn es ein deutsches Kennzeichen hat. Über die Vorgeschichte des Autos lässt sich dann kaum noch etwas in Erfahrung bringen - und über den weiteren Werdegang des Fahrzeuges ebenso wenig.

Autohändler übergaben das Auto an die Zulassungsfirma, die sich an den Kreis wendete. Der wiederum meldete das Auto auf die Zulassungsfirma an. Oftmals war es so, dass das Auto nie mit Cochem-Zeller Kennzeichen fuhr, nur die deutsche Zulassung war beim Autoverkauf von erheblichem Vorteil. Die Abmeldung landete oft nur wenige Tage später im Postfach des Kreishauses in Cochem.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt jetzt gegen drei Personen wegen des Verdachts des Betrugs und der Geldwäsche. "Die Ermittlungen richten sich nicht gegen Bedienstete der Kreisverwaltung Cochem-Zell", sagte Oberstaatsanwalt Rolf Wissen. Das Verfahren, das der Kreis anwendete, ist legal, wenn auch ungewöhnlich: In Rheinland-Pfalz lässt sich keine weitere Kommune auf Dienstleister bei Zulassungsgeschäften ein. Nur im Rhein-Neckar-Kreis und im Landkreis Borken wird auch so verfahren. Wie der Kreis Cochem-Zell mitteilt, hat es im Jahr 2013 von den 27 000 Zulassungen durch den Dienstleister 47 Anfragen vonseiten der Polizei gegeben. Auf sechs Fälle machte die Kreisverwaltung ihrerseits die Polizei aufmerksam.

Der Polizei sind Fahrzeuge mit COC- und ZEL-Kennzeichen vermehrt aufgefallen - weil sie für Straftaten eingesetzt worden sind. Hunderte Verfahren laufen nach RZ-Informationen im In- und Ausland. Dabei geht es auch um Betrug in sechsstelliger Euro-Höhe mit italienischen Edelmarken wie Lamborghini oder Ferrari.
Warnungen der Polizei an die Kreisverwaltung, diese Praxis der Anmeldung zu unterbinden, blieben lange Zeit ungehört. Erst am Dienstag hat der Kreis Cochem-Zell die Reißleine gezogen - und den Vertrag mit der Zulassungsfirma gekündigt. Die Zunahme von kriminellen Handlungen nach Zulassungen dieses Auftraggebers habe dazu geführt. Landrat Schnur sagte, eine weitere Zusammenarbeit mit der Firma sei "sowohl aus moralischer Sicht als auch wegen der guten Zusammenarbeit mit der Polizei für die Kreisverwaltung keinesfalls vertretbar".

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