Justiz Anwälte fordern Aussage der eingeschleusten „Putzfrau“

Trier · Eine Polizistin, die verdeckt im Cyberbunker ermittelte, darf nicht vor Gericht aussagen.

Im Prozess um den Traben-­Trarbacher Cyberbunker wollen die Anwälte mehrerer Angeklagter es nicht hinnehmen, dass eine der wichtigsten Zeuginnen überhaupt nicht vor Gericht befragt werden darf. Rechtsanwalt Stefan Schmidt, der einen der Administratoren des illegalen Rechenzentrums vertritt, hat am Donnerstag beantragt, doch eine Video-Befragung der Zeugin zuzulassen, bei der Bild und Stimme so verändert werden, dass sie nicht zu identifizieren ist. Er verweist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs, demzufolge die vollständige Sperre von Zeugen eine absolute Ausnahme bleiben müsse, da sie die Erforschung der Wahrheit behindere.

Besagte Zeugin ist eine ausländische Polizistin, die als Putzfrau in den Traben-Trarbacher Cyberbunker eingeschleust worden war. Sie sollte mehr über die mutmaßliche Bande herausfinden, die sich nun vor dem Trierer Landgericht verantworten muss. Der Vorwurf: Mit den im Schutzbau installierten Servern sollen die Angeklagten Beihilfe dazu geleistet haben, dass Kriminelle im Darknet in Hunderttausenden Fällen Drogen, Waffen oder gestohlene Daten verkaufen konnten.

Das rheinland-pfälzische Innenministerium hat in Bezug auf diese Polizistin eine „vollständige Sperrerklärung“ abgegeben, um ihre wahre Identität zu schützen. Zum einen sei ihr Leben in Gefahr – und auch das ihrer Familie: Es sei davon auszugehen, dass die Angeklagten und ihre Hintermänner Rache für den „Verrat“ üben wollen. Da die Angeklagten Verbindungen zur organisierten Kriminalität hätten – genauer: zu einem niederländischen Rockerclub und zu einem irischen Drogenboss, der Kontakte zu südamerikanischen Kartellen habe – sei von einer hohen Gewaltbereitschaft auszugehen. Zum anderen habe der deutsche Staat Vertraulichkeit zugesagt. Wenn man diese breche, bestehe die Gefahr, dass das Land die Zusammenarbeit beende. Somit sei auch das Wohl des Staates betroffen.

Auch der Vorsitzende Richter Günther Köhler  hatte diese Sperrung in einem Schreiben ans Ministerium als nicht plausibel bezeichnet – unter anderem deshalb, weil die Frau über Monate hinweg im Bunker putzte und die Angeklagten jede Möglichkeit gehabt hätten, sich ihr Aussehen oder ihre sprachlichen Eigenarten einzuprägen. Auch bot Köhler an, dass Zeugen unmittelbar aus der Tiefgarage in den Gerichtssaal kommen könnten, sodass es schwierig würde, ihnen aufzulauern oder sie vom Gericht aus zu verfolgen. Vergeblich. Das Mainzer Innenministerium blieb bei seiner Haltung. Und auch Oberstaatsanwalt Jörg Angerer lehnte den Antrag der Anwälte am Donnerstag ab.

Ein anderer verdeckter Ermittler, der als Gärtner in den Cyberbunker eingeschleust wurde, soll aussagen. Per Video, verfremdet und unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

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