Analyse zur Landtagswahl 2021 Grüner Kampagnenstart zwischen Klimakrise und Beförderungsaffäre

Mainz · Der Kampagnenstart zur Landtagswahl 2021 hätte für die Grünen in Rheinland-Pfalz nicht schlimmer laufen können. Die Geister des Beförderungsskandals holten sie nach einem Gerichtsurteil wieder ein - und einige Fridays-for-Future-Aktivisten starten mit einer eigenen Bewegung in die Wahl.

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Foto: dpa/Andreas Arnold

Der Kampagnenstart zur Landtagswahl 2021 hätte für die Grünen in Rheinland-Pfalz nicht schlimmer laufen können. Bevor die Partei ihre bunten Plakate präsentieren konnte, kam die schlechte Nachricht schwarz auf weiß in Form einer Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz. Der Inhalt: Das Familienministerium der grünen Spitzenkandidatin Anne Spiegel verlor den Rechtsstreit um die Stellenbesetzung einer Referatsleitung. Eine nicht ausgewählte Klägerin, die zunächst vor dem Verwaltungsgericht Mainz gescheitert war, bekam nun von der höheren Instanz Recht. Der Grund: Das Ministerium habe versäumt, den Personalrat einzuschalten, als es dieses musste. Das Gericht warf dem grün-geführten Haus einen „durchgreifenden formellen Fehler“ vor.

Warum birgt der Beschluss des Gerichts Brisanz? Anne Spiegel führt seit dem 1. Januar auch das Umweltministerium. Das war wegen Beförderungen nach einem rechtswidrigen Verfahren im vergangenen Jahr in Negativ-Schlagzeilen geraten. Die hatten den Rücktritt der Eifelerin Ulrike Höfken zur Folge. Das Oberverwaltungsgericht hatte die Beförderungspraxis nach einer Klage als „grob rechtswidrig“ und „Willkür“ bezeichnet. Die Geister des Beförderungsskandals lassen auch Anne Spiegel nicht in Ruhe. Noch bevor die 40-Jährige etwas zu ihrer Kampagne sagen konnte, lief der Wahlkampf-Apparat bei anderen Parteien heiß. Martin Brandl, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Mainzer Landtag, sagte: „Ich stelle mir ernsthaft die Frage, wie Ministerin Spiegel glaubhaft die rechtswidrige Beförderungspraxis im Umweltministerium in den Griff bekommen will, wenn sich ihr eigentliches Ministerium ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt sieht.“ Bei den Freien Wähler, die in den Landtag einziehen wollen, forderte Landeschef Stephan Wefelscheid Regierungschefin Malu Dreyer auf, Spiegel als Ministerin zu entlassen. Spiegel wirkte genervt, als sie bei der Kampagnenvorstellung auf den verlorenen Rechtsstreit angesprochen wurde. Sie habe einer Sprecher-Meldung nichts hinzuzufügen, sagte sie kurz und bündig. Dieser begründete den formellen Fehler damit, dass versäumt worden sei, die bereits im ersten Auswahlverfahren einbezogene Zustimmung des Personalrats zu erneuern. „Den Fehler bedauern wir sehr.“

Spiegel wiederum bemühte sich, im Wahlkampf auf die grüne DNA zu setzen. Die Leistung aus Windkraft im Land wollen die Grünen in Rheinland-Pfalz verdoppeln, die aus Sonnenergie verdreifachen und dabei auf eine Solarpflicht auf Dächern von Neubauten setzen. „Alle reden vom Klimaschutz. Wir machen ihn“, heißt es auf einem der vielen Wahlplakate, in denen die Grünen auf Artenvielfalt, Wald und Umwelt setzen. Ihr Credo: „Grün macht Zukunft.“

Dem widerspricht mancher Aktivist der Fridays-for-Future-Bewegung, die selber in den Landtag möchten. Erstmals tritt eine Klimaliste zur Wahl an, der Klimaschützer und Wissenschaftler angehören, denen die Grünen nicht rigoros genug sind. Der 20-jährige Spitzenkandidat Maurice Conrad sagt: „Für uns bildet keine Partei in Rheinland-Pfalz eine wissenschaftlich-basierte Klimapolitik ab.“ Er selber nennt als Ziel, sieben Prozent bei der Wahl zu schaffen und danach „Teil einer sozial-ökologischen Regierung zu sein“. Die Klimaliste wirft der amtierenden Landesregierung vor, keine Strategie zu verfolgen, um den Temperaturanstieg durch den Treibhausgaseffekt auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken. Sie fordert langfristig kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, eine City-Maut für Autofahrer und mehr erneuerbare Energien. Spiegel bleibt gelassen. „Wir Grüne haben die richtigen Konzepte, um die Klimakrise in den Griff zu kriegen“, sagte die grüne Spitzenfrau, die zum turbulenten Kampagnenstart eine Botschaft im Gepäck hatte, die der Klimaliste gefallen dürfte. Sie wolle den Klimaschutz in die Landesverfassung aufnehmen und diesen zur kommunalen Pflichtaufgabe machen.

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