Das Geschäft mit Privatzimmern und Ferienwohnungen boomt auch in der Region
Trier · Gastfreundschaft erleben, neue Menschen kennenlernen und ganz individuell Urlaub machen. Diese Ideen stehen hinter Übernachtungsportalen wie Airbnb. Inzwischen werden sie jedoch auch intensiv kommerziell genutzt.
Ein Bett. Eine Sitzecke. Ein Fernseher. Bei Bedarf Zimmerservice. Und das Frühstück gibt es bis um zehn. Das klassische Hotelzimmer ist vielen Reisenden nicht nur zu teuer, es ist ihnen auch zu unpersönlich. Nicht charmant genug.
Sie suchen für ihren Urlaub oder das lange Wochenende in der Stadt etwas anderes und finden dies immer öfter bei Online-Portalen wie Airbnb, Wimdu oder 9Flats. "Vor drei Jahren wurden in Trier bei Airbnb vielleicht vier Wohnungen angeboten", sagt Andrea Weber vom Hotel Deutscher Hof. Inzwischen kann, wer Trier als Zielort eingibt, 17 Seiten durchblättern.
Für die gesamte Region sind an der Mosel, in der Eifel und im Hunsrück mehr als 300 Angebote gelistet: luxuriöse Ferienhäuser mit Indoor-Swimmingpool ebenso wie zum Zweibettzimmer umgebaute Weinfässer, kleine City-Apartments oder ein Zimmerchen unterm Dach, das zu einer Privatwohnung gehört. Eine Berliner Agentur, Studio Karat, hat Airbnb-Daten ausgewertet. Demzufolge gab es in der Region im September rund 1350 Übernachtungsplätze.
Sharing Economy lautet das Zauberwort, das dem Geschäftsmodell zum Erfolg verhalf. Eine Bewegung, die darauf basiert, dass man sein Eigentum mit anderen übers Internet teilt: Autos, Dienstleistungen oder eben Wohnungen. "Bei Airbnb teilen die Menschen etwas sehr Persönliches - ihr Zuhause", schreibt Airbnb, das nach eigenen Angaben weltweit zwei Millionen Unterkünfte in 34?000 Städten anbietet.
Das Bedürfnis der Menschen, die Welt auf eine sehr authentische Art zu entdecken, sei
stark gestiegen. "Das sehen wir allein daran, wie schnell unsere Community wächst", teilt der Branchenprimus mit. Der Trend gehe von Pauschal- zu Individualreisen: "Reisende kommen bei privaten Gastgebern unter und erleben die Kultur hautnah". Man erzeuge so ein Gefühl der Zugehörigkeit, des Dabeiseins.
So jedenfalls war es mal gedacht. Der Blick ins Internet offenbart jedoch etwas anderes. "Es geht oft nicht mehr um das Bett in der Wohnung. Komplette Wohneinheiten werden in Ferienwohnungen umgewandelt", sagt Weber. In der Tat handelt es sich bei den meisten Angeboten in der Region Trier um ganze Unterkünfte: Ferienwohnungen oder -häuser, in denen der Gast seine Privatsphäre hat. Den Vermieter sieht man nur noch bei der Schlüsselübergabe. Vom sozialen Ansatz des Couchsurfings ist das recht weit entfernt. Allerdings gibt es auch die gelebte Grundidee noch: So vermietet eine junge Frau aus Bernkastel-Kues ihre Wohnzimmercouch und teilt ihre Wohnung ganz und gar mit den Gästen. "Ich mag es neue, offene Menschen kennenzulernen und stehe gerne als Lokalspezialist zur Verfügung", schreibt sie.
"Wir sehen in unseren Airbnb-Gastgebern Mikro-Unternehmer, die durch das Teilen ihres Wohnraums in der Lage sind, ihre Rechnungen zu bezahlen und in ihren Wohnungen zu bleiben", sagt Airbnb. Weber jedoch erkennt "einen im großen Maße kommerziellen Ansatz". Gibt es doch Gastgeber, die gleich mehrere Wohnungen im Angebot haben.
Und so beklagt der rheinland-pfälzische Hotel- und Gaststättenverband, dass der Wettbewerb verzerrt wird. Man müsse die Gäste aufklären, dass man die Angebote nicht eins zu eins vergleichen könne, betont auch Stefan Zindler, Geschäftsführer der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH. Seine GmbH arbeite mit den Betrieben daran, das Angebot weiterzuentwickeln und die Servicequalität zu verbessern. Es gebe Schulungen für das Personal und strenge Vorschriften in Bezug auf Hygiene oder Brandschutz. Zudem habe ein gewerblicher Betrieb seine Steuerabgaben zu leisten. "Privatleute wissen da schon das ein oder andere Schlupfloch zu finden", sagt Zindler. Dass heiße natürlich nicht, dass privat angebotene Zimmer nicht vernünftig sein könnten.
Hotelchefin Weber, die den Trend mit Interesse verfolgt hat, steigt nun selbst ein. Derzeit wird ein Gebäude, das direkt an den Deutschen Hof grenzt, so ausgebaut, dass es Trier-Urlaubern künftig acht Ferienwohnungen bietet. Und womöglich das Gefühl, in der Ferne ein Zuhause zu haben. Extra
Die Konkurrenz von Airbnb formiert sich: Wie die Wirtschaftswoche am Montag berichtete, werden 9Flats und Wimdu fusionieren. Gemeinsam wollen die Plattformen so rund 500?000 Unterkünfte anbieten - das entspricht einem Viertel des Angebots von Marktführer Airbnb. Sitz des Unternehmens wird laut Wirtschaftswoche in Singapur liegen. Zu einem Stellenabbau soll es nicht kommen. Auch bleiben die beiden Marken vorerst erhalten.