"Das ist eine große Bande"

TRIER. Vor dem Trierer Landgericht hat gestern der Prozess gegen den mutmaßlichen Drahtzieher der größten je in Rheinland-Pfalz entdeckten Cannabis-Plantage begonnen. Der 36-jährige Niederländer bestreitet, für den großflächigen Drogenanbau auf dem Bitburger Flugplatz verantwortlich gewesen zu sein.

Glaubt man Joseph Marie Jacques E., sitzt da ein Unschuldslamm auf der Anklagebank im Saal 66 des Trierer Landgerichts. "Nein", sagt der 36-Jährige und schüttelt den Kopf, "ich habe noch nie in meinem Leben irgendwelche Drogen genommen." Und: "Ich bin ja ordentlich. Die anderen haben aber alle mit Drogen zu tun." Die anderen - das sind beispielsweise Herr und Frau B. Das Ehepaar aus der Nähe von Aachen saß vor fast auf den Tag genau einem Jahr da, wo am Donnerstag der Niederländer sitzt. Dreieinhalb Jahre brummte den beiden Anfang Vierzigjährigen das Trierer Landgericht seinerzeit auf, weil sie die auf zwei ehemalige Flugzeugshelter in Bitburg verteilten 10 000 Cannabis-Pflänzchen gehegt und gepflegt hatten. Bis der großflächige Drogenanbau durch aufmerksame Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma auffiel und die Polizei zuschlug. Als "angestellte Gärtner mit grenzenloser Naivität" hatte der Vorsitzende Richter Armin Hardt das Ehepaar im Prozess bezeichnet. Die beiden waren bis über beide Ohren verschuldet, hatten sie damals ausgesagt, als ihnen der befreundete Niederländer vor zwei Jahren ein Angebot gemacht habe, auf das sie sich schließlich eingelassen hätten. Erst stellten sie zwei Kellerräume im eigenen Haus nahe der holländischen Grenze für die Cannabis-Aufzucht zur Verfügung; später kamen die beiden abgelegenen Flugzeugshelter in Bitburg dazu. "Ich war froh, als wir erwischt wurden", sagte die Ehefrau nach ihrer Festnahme. Joseph E., der mutmaßliche Drahtzieher, ging der Polizei erst vor vier Monaten per Zufall ins Netz. Bei einer Verkehrskontrolle im nordrhein-westfälischen Heinsberg nahmen die Beamten den mit internationalem Haftbefehl gesuchte Niederländer fest. Jetzt sitzt er neben seinem Trierer Verteidiger Hartmut Diesel auf der Anklagebank und schüttelt immer wieder nur den Kopf angesichts der Vorwürfe, die ihm auch der als Zeuge geladene "Gärtner" Hans-Ulrich B. an diesem Tag macht. Der 36-Jährige räumt zwar ein, in den Niederlanden zuletzt einen "Grow-Shop" betrieben zu haben, wo Züchter allerlei nützliche Utensilien für den Cannabis-Anbau kaufen konnten. Aber andere Dinge als Lampen, Töpfe, Ventilatoren und Blumenerde habe er nie verkauft. Auch dem Ehepaar B. nicht. "Ich habe den Ulli sogar noch gewarnt, dass das doch in Deutschland verboten ist", sagt Joseph E. "Aber er war einfach nicht davon abzubringen. Er wollte unbedingt in seinem Haus Cannabis anpflanzen." Auch für die beiden großen Flugzeug-Shelter in Bitburg habe er nur die Lampen, Ventilatoren und Blumenerde geliefert ("Ich war froh, dass ich die Sachen verkaufen konnte), mit dem Rest habe er nichts am Hut. Dafür beschuldigt Joseph E. an diesem Tag so gut wie jeden, auf den der Vorsitzende Richter Armin Hardt zu sprechen kommt, eine große Nummer im Drogengeschäft zu sein. Er dagegen habe sogar jahrelang als Informant der niederländischen Polizei gearbeitet. Und dabei vor allem die Familie seiner ehemaligen Freundin angeschwärzt: "Von denen hat der eine die Cannabis-Pflanzen abgeschnitten, ein anderer das Geld bewacht und der Dritte in Kokain und Ecstasy gemacht. Das ist eine große Bande." Der zunächst auf vier Verhandlungstage anberaumte Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

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