Das Rauchen lässt die Köpfe qualmen

Mainz · Amputationen, Lungenkrebs, Tod: "Raucher sterben im Schnitt 5,5 Jahre früher", weiß Gesundheitsexperte Bernd Krönig. Seit Jahren setzt er sich dafür ein, das Qualmen zu bekämpfen. Doch die Landespolitik hört nicht immer auf ihn, weil es auch andere Interessen zu berücksichtigen gilt.

Mainz. Rauchen ist eine Sucht, Passivrauchen schadet der Gesundheit: Solche Erkenntnisse haben eine Rolle gespielt, als sich der Landtag vor fünf Jahren mit dem Thema Nichtraucherschutz auseinandergesetzt hat. Nach zähem Ringen ist ein Gesetz herausgekommen, das Lücken offenbart. Gewollte Lücken.
Zum Beispiel die, dass in der Gastronomie keinesfalls ein totales Rauchverbot gilt. Nach wie vor darf in Rheinland-Pfalz zum Beispiel in abgetrennten Räumen gequalmt werden, selbst wenn der unerbetene Rauch den anderen Gästen in die Nase steigt.
Für Bernd Krönig ist das ein Unding. Der Mediziner, 30 Jahre Chefarzt am Elisabeth-Krankenhaus in Trier und Landesbeauftragter für den ärztlichen Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit, macht sich dafür stark, den Nichtraucherschutz strikter zu verankern und besser zu kontrollieren, ob das Verbot eingehalten wird. Genau das geschieht recht selten, weil den dafür zuständigen Ordnungsämtern die personellen Kapazitäten fehlen.
Ein Mann wie Gereon Haumann spricht dagegen eine andere Sprache als Mediziner wie Bernd Krönig oder als das Deutsche Krebsforschungszentrum, das vehement vor den Folgen des Rauchens warnt. Der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga plädiert zwar ebenfalls für Kontrollen, aber seit jeher dafür, "eine gute Balance zwischen dem Schutz und der Freiheit des Individuums" zu finden. Will sagen: Ein zu striktes Verbot führe zu Umsatzeinbußen bei den Gastwirten, weshalb ein Kompromiss mit Ausnahmeregelungen gut sei, wie er in Rheinland-Pfalz gefunden worden ist.
Das Nachbarland Luxemburg erlebt derzeit einen Aufstand der Gastronomen. Dort hat die Abgeordnetenkammer ein Gesetz verabschiedet, demzufolge ab 2014 generell in Cafés und Restaurants nicht mehr geraucht werden darf. Bislang gilt das nur während der Essenszeiten zwischen 12 und 14 Uhr sowie 19 und 21 Uhr.
Im Kern ist sich die rot-grüne Landesregierung einig, solche Proteste erst gar nicht aufkommen zu lassen und bis zum Ende der Wahlperiode nicht am Gesetz zu rütteln. Man wähnt sich im gesicherten Mittelfeld zwischen liberalen und strikten Regeln und fühlt sich dort wohl.
Allerdings sehen die Grünen durchaus Verbesserungsbedarf. "Uns ist es sehr wichtig, dass auf Spielplätzen nicht geraucht werden darf", sagt Fraktionschef Daniel Köbler dem Volksfreund. Dazu sei keine Gesetzesänderung notwendig. Die Kommunen können das laut Köbler selbst regeln.Extra

Ein erbitterter Raucher-Streit in einem Vier-Familien-Haus beschäftigt die Justiz in Brandenburg. Zur Frage, wann und wie oft das Rauchen auf einem Balkon in Premnitz (Brandenburg) erlaubt ist, werde im September mit einer Entscheidung gerechnet, sagte eine Sprecherin des Amtsgerichts Rathenow am Mittwoch. Ein Ehepaar hatte geklagt, weil es sich durch den Zigarettenqualm seiner Nachbarn massiv belästigt fühlt. Der Rauch ziehe nach oben, so dass sie ihren eigenen Balkon kaum noch nutzen könnten, argumentierten die Kläger. Die Beklagten sprachen nach Angaben der Sprecherin in der Verhandlung von lediglich zehn bis zwölf Zigaretten, die sie täglich abwechselnd draußen rauchten. Eine gütliche Einigung scheiterte. Der nächste Gerichtstermin ist für den 6. September anberaumt. dpa

<strong>Zum Thema: Wo im Land noch geraucht werden darf

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