Das Schlitzohr und die Gewerbesteuer

Mainz · Städte und Verbandsgemeinden sollen unnötiges Personal abbauen, damit sie und das Land finanziell profitieren: Mit diesem Vorschlag bringt Finanzstaatssekretär Salvatore Barbaro (SPD) die Kommunen in Erklärungsnot.

Mainz. Er muss sich nicht anstrengen, er fällt einfach auf. Vielleicht liegt es an den schwarzen Locken oder dem Lausbubengesicht. Oder an seinem wohlklingenden Namen. Die einen rühmen Salvatore Barbaro wegen seiner Freundlichkeit und seiner Fachkenntnisse. Die anderen fürchten ihn. Denn der Mann ist ein ausgekochtes Schlitzohr.
An den neuesten Ideen des 39-Jährigen, der sowohl sein Abitur als auch sein Studium der Volkswirtschaftslehre, der Wirtschaftspädagogik und der Germanistik mit der Note 1,9 abgeschlossen und mit "summa cum laude" promoviert hat, knabbern derzeit die Kommunen in Rheinland-Pfalz. Barbaro will ihnen Kosten ersparen, indem Aufgaben wie das Eintreiben der Grund- und Gewerbesteuern künftig zentral von den Finanzämtern übernommen werden. Doch das ist mit Personalabbau in den Verbandsgemeinden und Städten sowie dem Verlust von Gestaltungsspielraum verbunden. Außerdem beansprucht Barbaro die Hälfte des Ersparten für die Landeskasse.
Der Sparfuchs im Finanzministerium, vor seiner Berufung zum Staatssekretär unter anderem Vertretungsprofessor für Finanzwirtschaft an der Uni Mainz, hat noch zwei weitere Vorschläge auf Lager. Geplant ist zum einen eine Novelle der Landesbauordnung. Der Entwurf liegt bereits fertig in der Schublade und soll im September im Landtag eingebracht werden.
Es geht um Baugenehmigungen. 27 von 161 Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz, darunter Arzfeld, Daun, Gerolstein, Hillesheim, Kelberg, Konz, Neuerburg, Obere Kyll, Prüm und Speicher, prüfen bei größeren Vorhaben wie der Ansiedlung eines Möbelmarktes doppelt mit der Kreisverwaltung. Barbaro hält das für extrem unwirtschaftlich, weil auch bei wenigen Anträgen in den Verwaltungen stets ausreichend Personal vorgehalten werden müsse.
Architekten und Landräte klatschen bereits Beifall, weil künftig nur noch die Kreise zuständig sein sollen. Ausnahmen sollen nur bei Konz und Diez gemacht werden, weil diese jeweils mehr als 25 000 Einwohner haben.
Dritter Vorschlag Barbaros: eine Finanzagentur für alle Verbandsgemeinden, die mit ein, zwei Experten zentral für alle den Kreditbedarf auslotet. "Durch die höhere Summe lassen sich günstigere Konditionen aushandeln und Millionen für Zinsen sparen", meint der Sozialdemokrat. Die kommunalen Spitzenverbände überlegen noch, was von den Vorschlägen zu halten ist. Es müssten Details geklärt werden, lässt Winfried Manns, Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebundes, verlauten. Dass eine vernünftige Lösung gefunden werden müsse, sei unbestritten.Finanzhoheit liegt bei Kommunen


Manns gibt zu bedenken, dass "die Finanzhoheit für das Eintreiben von Gewerbesteuer verfassungsrechtlich eindeutig bei den Kommunen liegt". Es gebe ferner "Fragen, die alleine auf unserer Ebene entschieden werden müssen". So müsse man sich darüber im Klaren sein, dass örtliche Kenntnisse wichtig seien, wenn ein Unternehmen die Stundung von Gewerbesteuer beantrage. Diese hätten Mitarbeiter der Verbandsgemeinden.
Die kommunalen Spitzenverbände sind bereit, in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit Ministeriumsexperten mitzuwirken, die von Brigitte Bollinger-Wechsler, Vorsteherin des Finanzamtes Neuwied, geleitet wird. "Wir wollen konsensfähige Lösungen finden", sagt Manns.Meinung

Der Bumerang fliegt
Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes, demzufolge die Kommunen ab 2014 mehr Geld vom Land bekommen müssen, ist die Landesregierung mächtig unter Druck geraten. Immer wieder haben Städte und Gemeinden seitdem kritisiert, Mainz tue zu wenig. Sie lehnen die von Rot-Grün geplante Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs als völlig unzureichend ab. Jetzt kommt der Bumerang geflogen. Denn die Verfassungsrichter haben keinesfalls nur das Land in die Pflicht genommen, sondern auch die Kommunen. Sie müssten stärker als bisher ihr Sparpotenziale ausloten. Und genau dabei hilft ihnen nun Finanzstaatssekretär Salvatore Barbaro auf die Sprünge. Die Vorschläge des SPD-Politikers klingen plausibel. Dahinter verbirgt sich die politische Botschaft an Städte und Gemeinden: Zeigt nicht immer nur mit dem Finger auf das Land, sondern tut selber mehr. Angesichts des Spardrucks, der auf den öffentlichen Haushalten lastet, werden sich die Kommunen kaum entziehen können. f.giarra@volksfreund.deExtra: Nachricht für Kinder

Die wichtigsten Einnahmen des Staats sind Steuern. Das sind Abgaben, die Bürger oder Firmen zahlen müssen. Das Geld fließt aber nicht alles zu Bundeskanzlerin Merkel . Auch die Bundesländer bekommen etwas ab. Und die Kommunen. Das sind die Städte und Gemeinden, in denen wir leben. Die wichtigste Steuer für die Kommunen ist die Gewerbesteuer. Sie wird von den Unternehmen bezahlt. Von dem Geld werden Straßen repariert, Kanäle sauber gemacht oder Spielplätze gebaut. Die Einnahmen reichen aber oft nicht aus, damit die Kommunen über die Runden kommen. Deshalb bekommen manche zusätzliches Geld vom Land. Man darf aber eines nicht vergessen: Alles Geld, dass Frau Merkel, das Land oder die Kommunen ausgeben, haben ihnen die Bürger und Firmen gegeben.

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