Das Ziel heißt Wasser zum Wohlfühlen

Mainz · Die Wasserqualität der Flüsse, Bäche und Seen im Land ist erstmals nach strengen EU-Kriterien untersucht worden. Bei der Mosel und der Saar sind die chemische Qualität und die der Gewässer als Lebensraum schlecht.

Mainz. Umweltkatastrophen machen sich noch nach Jahrzehnten bemerkbar, aber sie haben auch eine heilende Wirkung: "Aus dem Unglück von Sandoz sind erhebliche Konsequenzen gezogen worden", berichtet Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) am Montag bei der Vorstellung des Gewässerzustandsberichts 2010. Das 222 Seiten starke Werk macht deutlich, dass sich die Wasserqualität verbessert hat. Über 90 Prozent der Bäche und Flüsse weisen mittlerweile einen guten Sauerstoffhaushalt auf, was auf die jahrzehntelangen Investitionen in kommunale und industrielle Kläranlagen zurückgeführt wird.
Auch bei der Phosphatbelastung ist ein Rückgang zu verzeichnen, unter anderem weil phosphathaltige Waschmittel verboten wurden. Unter die Bestimmungsgrenze zurückgegangen sind die chlorhaltigen chemischen Substanzen in den Gewässern. Reduziert wurde ferner deren Stickstoffgehalt.
Allerdings sind weiterhin 73 Prozent der Fließgewässer noch in einem schlechten ökologischen Zustand. Bei 19 Prozent ist der chemische Zustand nicht gut. Es gibt weiterhin zu viele Stickstoffe und Pflanzenschutzmittel oder Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die vom Verkehr verursacht werden.
Wer im Tabellenanhang des Gewässerzustandsberichts in Bezug auf die Region Trier forscht, sieht rote Zonen und die Noten fünf beim ökologischen Zustand für den Oberlauf der Mosel (bis Mündung Sauer), die Saar (bis Mündung Mosel) oder den Wiltinger Bogen von Schoden bis Kanzem. Ebenso schlecht schneidet auch der Konzer Bach ab.
Positive Beispiele (Note gut und grüne Zone) sind beispielsweise in der Eifel zu finden. Dort werden etwa die Auw oder der Ehlenzbach bei Prüm genannt. Die Bestnote eins verdienen sich im Hinblick auf den ökologischen Zustand der Erdenbach bei Salm-Lieser und der Fischbach (Kyll) sowie der Oberlauf der Salm. Hird wird jeweils auch der chemische Zustand mit gut bewertet.
Die Experten sind sich einig, dass es in den kommenden Jahren schwierig und teuer werden wird, weitere Verbesserungen zu erzielen. "Das wird sehr langsam gehen, denn es gibt noch viel zu tun", weiß Klaus Wendling, Referent für Gewässergüte im Umweltministerium. Nach EU-Vorgaben sollen bis zum Jahr 2027 alle Gewässer in einem guten Zustand sein. Das heißt, dass nicht nur die chemische Qualität stimmen muss, sondern dass sich auch "alle Organismen des Gewässers, Pflanzen wie Tiere, in dem Lebensraum wohlfühlen sollen", unterstreicht Wendling. Umweltministerin Ulrike Höfken weist darauf hin, dass auch Verbraucher viel zum Schutz der Gewässer tun können. So mache sich zum Beispiel die starke Einnahme von Schmerzmitteln wie Voltaren oder Diclofenac durch Rückstände in Kläranlagen negativ bemerkbar. Die Verbesserung der kommunalen Abwasserbeseitigung hat sich das Land in den vergangenen 30 Jahren bereits rund 7,5 Milliarden Euro kosten lassen. Etwa die gleiche Summe floss in die industrielle Abwasserbeseitigung. Die Entwicklung naturnaher Gewässer im Rahmen der "Aktion Blau" kostete seit 1994 rund 177 Millionen Euro.
In alle diese Bereiche wird das Land auch weiterhin kräftig investieren.Extra

Am 1. November 1986 brach in einer Lagerhalle des Schweizer Chemiekonzerns Sandoz bei Basel ein Feuer aus. 1350 Tonnen hochgefährliche Chemikalien lagerten dort, mehr als 20 Tonnen Gift flossen mit dem Löschwasser ungehindert in den Rhein. Der Aalbestand auf einer Strecke von mehr als 400 Kilometern wurde ausgelöscht, Tausende andere Fische und Lebewesen starben. Drei Wochen lang wurde kein Trinkwasser aus dem Rhein entnommen, der 20 Millionen Menschen in Deutschland mit Trinkwasser versorgt. Infolge der Katastrophe wurden die Dauereinleitungen von Chemikalien in den Rhein drastisch reduziert und Anlagen zum Gewässerschutz sowie Messsysteme errichtet. dpa

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