Demenzkranker aus Trier ersticht seine Frau: Landgericht entscheidet über seine Zukunft

Trier · Das Trierer Landgericht muss entscheiden ob ein Demenzkranker, der seine Frau getötet hat, dauerhaft in einer Spezialklinik untergebracht werden soll.

Der Notruf geht um 22.03 Uhr bei der Polizei ein: Ein Mann mit brüchiger Stimme ruft an. Er habe seine Frau getötet, sagt er dem Polizisten am Telefon. "Ich habe es nicht mehr ertragen. Sie betrügt mich und lacht mich aus", sagt er leise, aber verständlich. Der Beamte fragt nach, ob der Anrufer tatsächlich seine Frau getötet habe oder ob sie noch lebe. Er stehe neben dem Sessel, wo seine Frau liege, die nicht mehr atme, sagt der Mann am Telefon. Der Polizist redet weiter mit ihm, acht Minuten dauert der Notruf, solange bis zwei Streifenpolizisten an diesem Samstag im Januar diesen Jahres an der Wohnung des Ehepaares im Trierer Stadtteil Pfalzel klingeln und bestätigen, was der Mann am Telefon mitgeteilt hat: Sie finden die 81-jährige Frau tot im Fernsehsessel. Sie ist verblutet, nachdem ihr ein Jahre älterer Mann sieben Mal mit einem Küchenmesser auf sie eingestochen hat.

Der heute 83-Jährige leidet an Demenz. Noch ein paar Tage vor der Tat ist eine seiner Töchter mit ihm bei einem Arzt gewesen. Ihr Vater habe nicht mehr schlafen können und habe geglaubt, Leute zu sehen, sagt die 57-Jährige gestern vor dem Trierer Landgericht. Dort wird über den Mann verhandelt. Bei dem Prozess geht nicht um die Aburteilung der Tat, sondern darum ob der Demenzkranke dauerhaft in einer Spezialklinik für psychisch kranke Straftäter oder in einem auf schwer Demenzkranke spezialisierten Heim in der Vulkaneifel untergebracht werden soll. Die 57-Jährige und ihre Schwester vertreten als gerichtlich bestellte Betreuerinnen ihren Vater vor Gericht. Der 83-Jährige ist verhandlungsfähig, kann nicht an dem Prozess teilnehmen, wird seit der Tat in der Spezialklinik behandelt.

Seine behandelnde Ärztin berichtet von einer starken Verwirrtheit des Mannes, er wisse weder welches Jahr und welcher Tag ist, wisse nicht, wo er ist, oft wolle er auch mit seiner Frau telefonieren, die allein zu Hause sei. Er weine oft, weil er nicht wisse, warum in der Klinik ist, berichtet die Ärztin. Auch habe er hin und wieder Halluzination, einmal habe er geglaubt, seine Töchter vor dem Fenster tanzen zu sehen, ein anderes Mal habe er Flammen vor seiner Zimmertür gesehen. Diese Halluzinationen sind vermutlich auch Auslöser der Tat. Dass seine Frau fremdgeht, ist eine Wahnvorstellung des Mannes gewesen. Sie könne sich keine andere Unterbringung des 83-Jährigen vorstellen als in der Klinik in Andernach (Kreis Mayen-Koblenz) um die Gefährlichkeit in den Griff zu bekommen, sagt die Psychiaterin.

Ihr Vater sei vorher nie gewalttätig gewesen, sagt die Tochter vor Gericht. Dass er ein Messer gehabt habe, sei nicht ungewöhnlich gewesen. Ihre Eltern hätten jeden Abend vorm Fernsehen einen Apfel oder auch Wurst gegessen. Die Ehefrau habe trotz der vor gut drei Jahren erstmals festgestellten und dann schnell fortschreitenden Demenz ihres Mannes versucht, ihn ganz normal in ihren Alltag einzubinden, etwa beim Spülen oder eben beim abendlichen Apfelessen im Wohnzimmer.

Der vom Gericht als Gutachter beauftragte Rechtsmediziner Wolfgang Retz bestätigt, dass von dem 83-Jährigen, den schuldunfähig sei, eine "gewisse Gefährlichkeit" ausgehe. Es bestehe aber keine Gefahr für die Allgemeinheit, aber durchaus für das unmittelbare Umfeld. Daher müsse der Mann von entsprechend dafür geschultem Personal betreut werden. Eine Heilung der Demenz, die bei dem 83-Jährigen vermutlich durch eine Herzkrankheit und mehrere Schlaganfälle verursacht worden ist, sei nicht möglich. Die Betreuung in dem Heim in der Vulkaneifel, für die Andreas Ammer, Verteidiger des 83-Jährigen, kämpft, könne versuchsweise ins Auge gefasst werden, sagt der Gutachter, der aber die Unterbringung in der Fachklinik für angebracht hält.

Der Prozess wird am 30. November fortgesetzt, dann soll das Urteil fallen.

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