Den Schrecken dokumentieren, um zu lernen

MAINZ. Ein Dokumentations- und Begegnungshaus an der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert im Hunsrück soll die Geschichte des Lagers, der Opfer und Täter des Nazi-Regimes verdeutlichen. Spatenstich für das 3,1 Millionen Euro teure Projekt ist am 18. September.

Für rund 13 000 Häftlinge war es ein Ort des Grauens und der Qualen, mehr als 300 Menschen wurden barbarisch umgebracht: Die schreckliche Geschichte des ehemaligen SS-Sonderlagers/KZ Hinzert deckte nach dem Krieg über Jahrzehnte der Mantel des Schweigens zu. Ein Dokumentations- und Begegnungshaus an der Gedenkstätte soll den dunkelsten Teil der deutschenHistorie für Bildungsarbeit und Völkerverständigung in Erinnerung halten. Im September wird mit dem drei Millionen Euro teuren Bau begonnen, der je zur Hälfte von Land und Bund finanziert wird. Ein Jahr später soll das Gebäude mit Ausstellungs- und Seminarräumen fertiggestellt sein - 60 Jahre nach der Befreiung des Lagers im März 1945.Nicht nur für die Bildungsarbeit seien die Gedenkstätten für die Konzentrationslager auf rheinland-pfälzischem Boden im rheinhessischen Osthofen und in Hinzert im Hunsrück wichtig, sagte der Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, Hans-Georg Meyer, bei der Vorstellung der Planungen. Während Osthofen bereits zu Beginn des Nazi-Regimes im März 1933 eingerichtet wurde und bis zur Auflösung im Sommer 1934 der Abschreckung und Einschüchterung diente, stand nach Meyers Worten in Hinzert in den Jahren 1939 bis 1945 willkürliches Misshandeln bis hin zum Töten auf der Tagesordnung. Die Opfer wurden erschossen, erhängt oder im Löschteich ertränkt. Die Gefangenen waren vor allem Deutsche und Luxemburger, aber auch Franzosen, Niederländer, Italiener, Polen und Ukrainer.

Für Meyer ist daher das Dokumentations- und Begegnungshaus auch ein Symbol der Völkerverständigung. Unter Tränen habe ihm der frühere französische Lagerinsasse Marcel Petit ein Stück Stacheldraht aus Hinzert übergeben, um das Ausstellungsprojekt zu unterstützen, berichtete Meyer. "Wir dürfen die Leiden der Betroffenen nicht vergessen, die dankbar sind, dass ihre Geschichte nicht verloren geht", mahnte Meyer. Mehrere Verbände ehemaliger Häftlinge wurden an der Gestaltung des Projekts beteiligt.

"Gefaltetes" Gebäude in landschaftlichem Idyll

Von dem Lager selbst ist heute bis auf wenige Überreste auf dem Gelände der früheren SS-Wachmannschaften nichts mehr zu sehen. Trotz Ehrenfriedhofs und Gedenkstätte sei der Ort ein landschaftliches Idyll, so die beiden Architekten, die Professoren Wolfgang Lorch und Nikolaus Hirsch (Saarbrücken). Sie haben ein Gebäude auf 340 Quadratmetern geplant, das sich dieser Landschaft anpasst, in erdfarbenen Corten-Stahl gekleidet ist und durch seine gefaltete Form die Verwerfungen der NS-Zeit widerspiegeln soll. Eine große Glasfront wird sich in Richtung des früheren Bereichs der Häftlingsbaracken öffnen und durch ein in das Glas projiziertes historisches Foto einen Eindruck vom Lager vermitteln.

Eine Dauerausstellung wird laut Meyer die Geschichte des Lagers und der Menschen, Opfer wie Täter, mit Fotos und Zeitzeugenberichten, Hörstationen und Multimedia-Animation dokumentieren. Dabei wird auf die besondere Bedeutung des Lagers für den Luxemburger Widerstand ebenso eingegangen wie auf seine Rolle als "Arbeitserziehungslager" für osteuropäische Zwangsarbeiter. Auch das Verhalten der Bevölkerung soll thematisiert werden. Internationale Begegnungen bis hin zu Jugendcamps, Zeitzeugengespräche und Seminare in Kooperation mit der Europäischen Akademie im saarländischen Otzenhausen sind geplant, um das Gedenken an die NS-Terrorherrschaft wach zu halten und damit für die Demokratie zu arbeiten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort