Der einsame Minister

Es verdichten sich die Anzeichen, dass Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) über die umstrittene und vor dem Scheitern stehende Privatfinanzierung des 252-Millionen-Projekts "Nürburgring 2009" stolpern könnte. Offenbar hat er in weiten Teilen der SPD-Fraktion das Vertrauen verloren.

 Im Kreuzfeuer der Kritik: Ingolf Deubel steht aufgrund seines umstrittenen Finanzmodells schwer unter Druck.TV-Foto: Jens Wiebe

Im Kreuzfeuer der Kritik: Ingolf Deubel steht aufgrund seines umstrittenen Finanzmodells schwer unter Druck.TV-Foto: Jens Wiebe

Mainz. Sondersitzung ohne Hauptakteur: Als am Freitagmorgen im Landtag der Wirtschafts- und Verkehrsausschuss über das im Bau befindliche Freizeit- und Geschäftszentrum an der Eifel-Rennstrecke diskutiert, weilt Ingolf Deubel in Berlin. Seine Anwesenheit sei dort als Verhandlungsführer der Bundesländer in Sachen Schuldenbremse erforderlich, lautet die offizielle Begründung. In Wahrheit darf er wohl nichts sagen. Wirtschaftsminister Hendrik Hering soll gegenüber der angriffslustigen Opposition die Kohlen aus dem Feuer holen.

Günter Eymael (FDP) stichelt, Deubel sei "wie Richard Kimble auf der Flucht". Deubel drücke sich vor der Verantwortung, wettert CDU-Mann Alexander Licht. "Der Minister ist nicht mehr zu halten", heißt es hinter vorgehaltener Hand.

Bereits am Mittwoch gab es nach TV-Informationen in der SPD-Fraktion erneut Diskussionen. Viele Sozialdemokraten haben die Nase voll von Deubels Finanzkonstrukt, zumal das Geld für den angepeilten Verkauf der neuen Ring-Immobilien für 170 Millionen Euro an den Investor IPC/Pinebeck (plus 30 Millionen "Ertragsanteil") weiterhin nicht in Sicht ist. Sie verlangen, dass die Privatfinanzierung gestoppt wird. Deubel müsse sehen, wie er klarkomme. Er produziere ständig Negativschlagzeilen, das sei nicht länger hinnehmbar. Im Finanzministerium herrscht Verunsicherung. Viele Mitarbeiter fürchten, dass der Minister sein Amt verliert.

Wirtschaftsminister Hering läutet am Freitag im Ausschuss vorsichtig den Abschied von der Privatfinanzierung ein. Die Landesregierung halte diese "für eine geeignete Form", weil sie finanzielle Vorteile biete. Es sei aber "offen, ob sie zustande kommt", räumt er ein. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH werde "bald und kurzfristig entscheiden". Die nächste Sitzung sei am Mittwoch.

Hering zeigt auf, wie es gemacht werden könnte: Die "Standardfinanzierung" sehe vor, dass die Nürburgring GmbH ein Darlehen aufnehme, das vom Land mit einer Bürgschaft abgesichert werde. Das heißt konkret: Sollte die GmbH ihren Verpflichtungen nicht nachkommen können, würde Steuergeld fließen. Bislang wird aus dem Liquiditätspool des Landes finanziert, was Hering als "ungewöhnlich" bezeichnet. Kommentar des Eifeler Ausschuss-Vorsitzenden Michael Billen (CDU): "Ich bin froh, wenn das Geschäft mit Pinebeck nicht zustande kommt. Solche Geschäfte darf ein Staat nicht machen."

CDU-Fraktionschef Christian Baldauf lobt Herings Auftritt: "Bei Ihnen erfahren wir zehn Mal mehr als bei Ihrem Kollegen Deubel." Dieser habe "das Parlament an der Nase herumgeführt und ständig vertröstet". Es zeichne sich ein Desaster ab. Ministerpräsident Kurt Beck müsse "klären, ob Deubel noch tragbar ist".

FDP-Mann Eymael blickt derweil voraus. Er habe gehört, die Gesamtkosten beliefen sich mittlerweile auf mehr als 300 Millionen Euro - niemand widerspricht ihm. Es gebe keine privaten Investoren, trotzdem habe die Landesregierung entschieden zu bauen. "Das Projekt ist eine Luftblase. Der Staat zahlt letztlich alles." Die Folgekosten seien entscheidend, "sie werden uns noch auf Jahre hinaus beschäftigen."

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