Der EU-Kommission stinkt es, wie Deutschland mit Gülle umgeht

Trier/Luxemburg · Deutschland versteht sich als Musterschüler beim Umweltschutz. Für seine Bemühungen, das Grund- und Trinkwasser zu schützen, hat es nun aber eine „Sechs“ bekommen. Die EU-Kommission verklagt die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof wegen der anhaltenden Gewässerverschmutzung mit Nitrat.

Es könnte sehr teuer werden für Deutschland, dass es seinen Bauern immer noch keine strengeren Regeln im Umgang mit Gülle auferlegt hat. Die EU-Kommission hat gestern angekündigt, gegen die Bundesrepublik zu klagen, weil sie es versäumt habe, etwas gegen die Gewässerverunreinigung durch Nitrat zu tun. Im Fall einer Verurteilung muss Deutschland zahlen - Strafen in sechsstelliger Höhe pro Tag sind möglich.

Das Problem ist seit Jahren bekannt. Auch im landwirtschaftlich geprägten Rheinland-Pfalz, dessen Grundwasser stark mit Nitraten belastet ist. Wie das Mainzer Umweltministerium mitteilt, ist mehr als ein Drittel der Grundwasservorkommen in schlechtem Zustand: 36 Prozent überschreiten den EU-Grenzwert für Nitrat. 2009 waren es sogar 39 Prozent. In der Region sind die Mosel, das Bitburger Gutland und der Saargau am stärksten von den Verunreinigungen betroffen, deren Ursache meist Dünger sind.

Bedenklich ist Nitrat, weil es im Körper zu krebserregenden Nitrosaminen umgebaut werden kann. Säuglinge sind besonders gefährdet. Zwar werden die Grenzwerte beim Trinkwasser überall in der Region unterschritten. Zum Teil mischen die Versorger im Bitburger und Wittlicher Land bei Bedarf jedoch nitratarmes Wasser hinzu, um die Belastung zu senken. Der Agrarexperte und Europaparlamentarier Martin Häusling (Grüne) sagt: "Es ist peinlich für unser Land, dass wir bestehendes Umweltrecht nicht umsetzen."

Der Verband der Energie und Wasserwirtschaft spricht von "einer Ohrfeige für die Landwirtschaftspolitik". Kritiker sagen, die Regierung habe vor der Bauernlobby gekuscht. Michael Horper, Chef des Bauernverbands Rheinland-Nassau, findet die Klage nicht gerechtfertigt. Man sei auf einem guten Weg gewesen: Im Dezember hatte das Kabinett eine neue Düngeverordnung beschlossen. Doch sie ist der Kommission nicht streng genug. Wenn Deutschland jetzt kooperiert, kann ein Prozess noch abgewendet werden. Kommt es zum Prozess und einer Verurteilung werden Strafzahlungen fällig.

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