Der große Windkraft-Konsens

Mainz · Um das ehrgeizige Ziel der Energiewende zu schaffen, bis 2030 den Stromverbrauch im Land zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken, plädieren alle drei Fraktionen im Landtag für die Nutzung der Wälder. Über das konkrete Vorgehen ringen SPD, Grüne und CDU allerdings noch.

Mainz. Es ist lange her, dass Michael Billen im Landtag am Rednerpult gestanden hat. Fast zwei Jahre lang durfte der Christdemokrat aufgrund der Polizei-Schnüffelaffäre nicht mehr offiziell das Wort für seine CDU-Fraktion ergreifen. Gestern durfte er. Locker, lässig und ohne Manuskript redete der Eifel-Rebell in der Aktuellen Stunde über die Energiewende und speziell über Windräder im Wald.
SPD und Grüne wollen die Zahl der Windräder bis 2020 verfünffachen. Im Hause von Energieministerin Eveline Lemke werden seit geraumer Zeit eifrig Hausaufgaben gemacht. "Eine Fleißarbeit", sagte die Grüne. Es würden zum Beispiel Wetterdaten ausgewertet, um optimale Standorte für Windräder im Land zu ermitteln. Lemke will aber auch klassifizieren, wo Windräder besser nicht stehen und wo sie möglicherweise stehen könnten.
Die Energieministerin wies noch auf einen anderen Vorteil hin: Die Windräder seien mittlerweile nicht mehr verschweißt, sondern verschraubt. Anlagen könnten problemlos umziehen.
Fest steht bereits, dass die "weißen Riesen" künftig vermehrt in Wäldern aufgebaut werden. "Es ist sinnvoll, Gebiete zu prüfen", sagte Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne). Heutzutage seien die Anlagen, von denen es derzeit 1125 im Land gebe, davon zehn Prozent im Wald, mehr als 200 Meter hoch und ragten über die Baumkronen. Sie seien ortsfern und belästigten die Menschen nicht. "Und der Flächenbedarf ist unheimlich reduziert."
Höfken kündigte an, die entsprechenden Konzepte für Windräder im Wald würden sowohl mit den Kommunen als auch mit den Waldbesitzern erörtert. Angestrebt werde ein Solidarpakt, um Nutzen und Lasten gerecht zu verteilen. Windräder in Naturschutzgebieten, Naturparks und Kernzonen von Biosphärenreservaten solle es nicht geben.
Michael Billen bot die Mitarbeit der CDU an. "Wind aus dem Wald ist ein schöner Begriff - aber wie geht das? Wo kommen die Windräder hin? Nach welchen Kriterien? Wer macht welche Vorgaben?" Darüber dürfe man "ruhig auch streiten". Ein entsprechendes Konzept fehle aber. Der Eifeler plädierte dafür, die Entscheidung den regionalen Planungsgemeinschaften zu überlassen. Die Union habe deutlich gesagt, Rot-Grün könne die Energiewende mit ihr machen. "Aber bitte keine Vorgaben."
Wald bisher Tabuzone


Zweifel an der Bereitschaft der CDU zur Zusammenarbeit äußerte Jens Guth (SPD). Guth erinnerte an das "konsequente Nein" der Union zu Windrädern im Wald in der vergangenen Wahlperiode und an deren Antrag, Wälder zur Tabuzone zu erklären. Aktuell habe die CDU kein Konzept, "kritisiert aber unseres". Die SPD wolle die Energieversorgung in den Regionen für die Regionen belassen. Vorbildlich sei die Energielandschaft Morbach. Bernhard Braun (Grüne) mahnte die CDU, "nicht oben zu sitzen und zu nörgeln wie die beiden Alten in der Muppet-Show, sondern mitzumachen".
Auf die Sorgen vieler Bürger vor einer "Zerspargelung" der Landschaft und der Wälder ging Anna Neuhof von den Grünen ein. "Sie betten sich in die Waldkulisse ein. Das ist keine Beeinträchtigung des Landschaftsbilds." Sensible Gebiete wie solche für den Naturschutz "scheiden aus". Neuhof wies auch auf die kommunale Wertschöpfung für den ländlichen Raum durch Windräder hin. Auch Kommunen ohne geeignete Standorte müssten davon profitieren.

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