Der Handwerker bleibt am Bau

LUDWIGSHAFEN. Kurt Beck legte ein Treuebekenntnis ab: Er werde keine Baustelle verlassen, an der das Dach noch nicht drauf ist, sagte der Mainzer Regierungschef zu seinem Verzicht auf den SPD-Bundesvorsitz. Die Landespartei dankten es ihm mit 99,5 Prozent Zuspruch.

"Ich freue mich, nach turbulenten Tagen und Nächten in Berlin hier zu sein. Es ist schön in Rheinland-Pfalz zu sein", lässt der SPD-Landeschef die Delegierten des Ludwigshafener Parteitags gleich zu Beginn wissen - und trifft damit die Stimmung unter den Genossen. Nach Chaos-Tagen und unruhigen Zeiten in Berlin sind sie froh, dass ihr Vormann voll im Landtagswahlkampf steht und nicht nach Franz Münteferings überraschendem Rücktritt als SPD-Vorsitzender die Partei in der großen Koalition zusammenhalten muss. Beck packt seine Partei an der alten SPD-Tugend Solidarität, um sie auf das ungeliebte Bündnis mit der Union einzuschwören. Die Handschrift der SPD ist aus seiner Sicht im Koalitionsvertrag deutlich zu erkennen. Nun gelte es, "das Wir über das Ich" zu stellen und nicht nach dem Motto "Mit mir nicht" zu verfahren. Einschnitte und Steuererhöhungen müssten sein, um als Staat handlungsfähig zu bleiben. Der Kündigungsschutz sei keineswegs zusammen gestrichen, der Versuch, die Tarifautonomie aufzulösen, abgewehrt worden, mahnt Beck. Die von der SPD durchgesetzte Reichensteuer will er keinesfalls als Symbolpolitik verstanden wissen: "Das ist keine Frage der Ideologie, sondern der Gerechtigkeit." Ein "verantwortbares Ergebnis" habe man in Berlin ausgehandelt. So wie Beck sehen es viele in der Partei: Der Wähler habe Rot-Grün abgewählt und Schwarz-Gelb nicht gewollt. Kritik an der Elefanten-Hochzeit kommt nicht auf. Selbst Gewerkschafter geben sich versöhnlich. "Man muss die große Koalition pragmatisch sehen", sagt der Ludwigshafener IG Chemie-Mann Ulli Küppers. "Bei allen Kompromissen haben wir auch viele SPD-Positionen im Vertrag", betont Sozialministerin Malu Dreyer, die selbst mitverhandelte. Auch der Sturz des Parteichefs sorgt unter den Delegierten nicht gerade für Wallung. "Niemand wollte Franz Müntefering aus dem Amt haben", versichert Beck und bleibt bei seiner Lesart des "grandiosen Missverständnisses" beim folgenreichen Kampf um den Generalsekretärs-Posten. Dass es schon reizvoll gewesen wäre, einer der Nachfolger von August Bebel an der SPD-Spitze zu werden, räumt Beck ein. Allerdings ist er doch noch lieber 120 Prozent Rheinland-Pfälzer.

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