Der Keim sorgt für Unruhe

Eine Stunde standen die Telefone im Trierer Gesundheitsamt nicht mehr still. Zahlreiche TV-Leser informierten sich zu den derzeit grassierenden Darminfektionen. Fazit: Die Angst ist groß.

Trier. "Nein, wenn Sie kein Fieber haben und keine Bauchkrämpfe, dann brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen." Immer wieder muss Harald Michels Anrufer beruhigen. Sie haben Durchfall - und nun Angst, an einer Infektion, ausgelöst durch den Darmkeim Clostridium difficile, zu leiden. "Wer plötzlich wässrigen Durchfall hat und Fieber bekommt, der sollte umgehend zum Arzt gehen", rät der Leiter des Trierer Gesundheitsamts. Kaum haben er oder der Infektionsexperte Andreas Jansen vom Berliner Robert-Koch-Institut den Hörer aufgelegt, klingeln die Telefone erneut. Über 40 Anrufer kommen innerhalb der einen Stunde durch. Jansen ist überrascht über die Resonanz. Clostridium difficile - seit vor zwei Wochen bekannt wurde, dass Patienten durch den Darmkeim schwer erkrankt sind, ist die Beunruhigung groß. Vor allem, wenn jemand Antibiotika einnehmen muss. Der Wirkstoff zerstört die natürliche Darmflora. Wenn ein so geschwächter Patient Clostridium-difficile-Keime in sich trägt, besteht die Gefahr, dass sich das Bakterium ungehindert vermehren und den Darm zerstören kann. "Besteht ein Risiko, dass ich eine Clostridien-Infektion bekomme?", wird Andreas Jansen immer wieder gefragt. "Auf keinen Fall das Antibiotikum absetzen", rät der Experte. So lange keine Symptome (schwerer Durchfall, Fieber) aufträten, bestünde kein Risiko. Am ehesten seien ältere Menschen mit schweren Darm- und Magenerkrankungen gefährdet. Durch die vermehrt auftretenden Darminfektionen haben offenbar mittlerweile viele Menschen Angst, sich im Krankenhaus behandeln zu lassen. Wie die Frau, die wegen einer Krebsbehandlung eine Chemo-Therapie bekommt. Zwar sei sie durch die Behandlung anfälliger für Infektionen, das Risiko, sich im Krankenhaus anzustecken, sei aber äußerst gering, beruhigt sie Michels. "In den Kliniken wurden die Hygienemaßnamen noch einmal verschärft. Es gibt keinen Hinweis, dass sich Patienten dort mit Clostridium infizieren können", sagt Jansen. Daher bestünden auch keine Bedenken gegen eine Augen-Operation, für die ein älterer Mann demnächst einen Tag ins Krankenhaus muss. "Allerdings", rät Michels, "sollten sich alle Krankenhauspatienten verstärkt die Hände waschen." Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass durch mangelnde Hygiene von Patienten, etwa nach Toilettengängen, der Keim übertragen werde. Clostridium difficile verbreitet sich nämlich durch Kontakte, nicht durch Husten oder Niesen. Ein Mann will wissen, ob er die notwendige Darmspiegelung absagen soll, weil er sich dabei eventuell mit dem Keim infizieren könnte. "Auf keinen Fall", sagt Michels. "Das Risiko einer schweren Darmerkrankung ist größer." Alle medizinischen Geräte seien desinfiziert. "Der Keim macht den Leuten Angst", sagt Michels nach einer Stunde am Telefon. Eine Angst, die meist unbegründet ist. Das Trierer Gesundheitsamt hat weiterhin eine Hotline geschaltet. Unter 0651/715555 geben Experten Auskunft zu den Darminfektionen.

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