"Der Markt droht zu explodieren"

MAINZ. Die Länder wollen den "Wildwuchs" auf dem Glücksspielmarkt beenden. Erst müsse das Lotterie-Monopol durchgesetzt werden, dann sei über eine Konzessionsvergabe an mehrere Anbieter nachzudenken, sagte der Mainzer Finanzminister Ingolf Deubel. Wetten über Internet soll grundsätzlich der Garaus gemacht werden.

Monopole, die eigentlich keine mehr sind, der Ruf nach Kampf gegen die Spielsucht oder die Forderung nach freiem Wettbewerb: Das Bemühen um einen kontrollierbaren Glücksspielmarkt - mit weiter sprudelnden Einnahmen für die Landeskassen (!) - könnte für die Länder zum Lotteriespiel zwischen strikten Vorgaben des Ordnungsrechtes und dem auf Wettbewerb fixierten Kartellamt werden. "Der Markt droht zu explodieren und muss in geordnete Bahnen gelenkt werden", fordert Finanzminister Ingolf Deubel. Dabei wollen die Länder nach seinen Angaben auch den Weg der Wetten über das Internet "systematisch austrocknen". Doch noch ist rechtlich nicht ausgefochten, Internet-Wetten als Verstoß gegen das Monopol zum illegalen Wetten zu stempeln. Erst in diesem Falle könnte über den Weg des Geldes als Angriffspunkt vorgegangen werden, wenn die Anbieter jenseits der Grenze sitzen. Banken und Kreditkartenfirmen würden sich dann nämlich durch den Euro-Transfer der Beihilfe zum illegalen Glücksspiel schuldig machen. Angeboten über das Internet kommt im Kampf gegen die Spielsucht besonderes Gewicht zu. Daher war es laut Deubel ohnehin nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts notwendig, den Lotteriegesellschaften der Länder das Geschäft über Internet zu untersagen. Die Richter hatten im März das Monopol auf Sportwetten nur bestätigt, wenn es mit strengen Auflagen zur Bekämpfung der Spielsucht verknüpft werde. Im Dezember wollen sich die Länder in einem neuen Staatsvertrag das Monopol für weitere vier Jahre sichern. Doch gleichzeitig fordert das Bundeskartellamt ein Ende der regionalen Gebietsaufteilung der Lotto-Gesellschaften. Zudem drängen im Ausland registrierte Anbieter auf den Markt. Auch auf EU-Ebene stehen sich der Ruf der Verbraucherschützer nach strikter Reglementierung mit Blick auf die Spielsucht und die Forderung nach freiem Wettbewerb gegenüber. Staatliche Glücksspielmonopole gibt es in allen Ländern außer Großbritannien, das private Sportwetten erlaubt.Länder wollen Wildwuchs abstellen

Für Deubel ist dennoch der Weg zwischen Ordnungsrecht und Wettbewerb vorgezeichnet. In den nächsten vier Jahren muss demnach versucht werden, den "Wildwuchs" auf dem Glücksspielmarkt abzustellen und das Wettspielmonopol durchzusetzen. Darunter fällt auch die inzwischen vom Oberverwaltungsgericht Koblenz abgesegnete Schließung privater Wettbüros in den Kommunen. Kommt es später zu einer "vorsichtigen Marktöffnung", sollen die Konzessionen unter gleichen Bedingungen für den Auftritt am Markt europaweit ausgeschrieben werden. Auch die Lotteriegesellschaften der Ländern müssen sich dann diesem Wettbewerb stellen. Wer eine Konzession erhalten will, muss sich den Vorgaben unterwerfen. Und dazu zählt für den Finanzministe, dass ein Großteil der Spieleinnahmen - wie bislang bei Lotto - an den Staat abgeführt wird. Auch wenn die aktuell jährlich kassierten 100 Millionen Euro laut Verfassungsgericht nicht mehr zweckgebunden vereinnahmt werden dürfen, werden die Nutznießer in den Bereichen Sport, Kultur oder Denkmalpflege laut Deubel auch weiterhin aus der Landeskasse bedient.

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