Der "Ring" zwischen Mythos und Vision

Um das ehrgeizige Projekt "Erlebnisregion Nürburgring" wird seit Monaten hinter den Kulissen der Landesregierung heftig gerungen. Nürburgring-Manager Walter Kafitz will richtig Gas geben und 150 Millionen Euro in der Eifel investieren. Aber Aufsichtsratsvorsitzender und Finanzminister Ingolf Deubel steht auf der Bremse, wenn sich nicht genügend private Geldgeber finden.

Mainz/Nürburg. Die Ausgangslage ist politisch ebenso eindeutig wie finanziell kompliziert: Die Landesregierung, zu 90 Prozent an der Nürburgring GmbH beteiligt, will die von ihr geweckten Hoffnungen in der strukturschwachen Eifel nicht enttäuschen und der Opposition auch keine Steilvorlage bieten, wenn das Projekt scheitert. Aber sie kann sich deshalb auch nicht in ein finanzielles Abenteuer stürzen.Vor der Aufsichtsratssitzung machen bereits das Gesicht wahrende Kompromisse die Runde in Mainz. Für den Fall, dass die Nürburgring GmbH in letzter Minute keine schlüssige Finanzierung präsentieren kann, gilt eine Erlebnisregion "in abgespeckter Form" als mögliches Notbremsen-Modell. Allen Beteiligten ist aber auch klar: Es muss investiert werden, wenn womöglich auch nicht direkt 150 Millionen Euro. Denn die legendäre Rennstrecke muss vom Formel-1-Geschäft unabhängiger werden, sich umgekehrt diesen Publikumsmagneten aber auch langfristig leisten können. Denn mit dem Sound der Boliden lässt sich der für alle Angebote unschätzbar wertvolle Mythos pflegen.Aber die Formel 1 fährt für die GmbH auch ein gewaltiges Minus ein. Nach Angaben des Rechnungshofs musste die GmbH bereits 2005 für jeden zahlenden Formel-1-Besucher 133 Euro als Subvention drauflegen. Region profitiert vom Königsrennen

Deshalb soll der Rennzirkus von Bernie Ecclestone auch nur noch alle zwei Jahre in der Eifel seine Zelte aufschlagen - im Wechsel mit dem Hockenheimring. Aber von dem Königsrennen profitiert die Region nach Deubels Schätzungen mit einem Umsatz von bis zu 60 Millionen Euro. Viele Vermieter und Geschäftsleute beklagen deshalb die Renn-Rotation.Aber die GmbH macht Verluste - zuletzt neun Millionen Euro pro Jahr. Der Rechnungshof warnt davor, dass das Eigenkapital von 27,6 Millionen Euro (Stand: Ende 2005) bis Ende 2009 aufgebraucht sein könnte. Dabei hat er auch ein verlustreiches Beteiligungsmanagement der GmbH scharf kritisiert. Die Planzahlen waren ihm "oft zu optimistisch".Aber Kafitz hat unter dem Druck, wichtiger Motor für die Region zu sein, seinen Optimismus nicht verloren. Im Internet verkündet er mit Blick auf die Erlebnisregion stolz: "Eine Vision wird Wirklichkeit." Sie soll Geschäftskunden wie Urlauber in die Eifel locken - an einen Boulevard mit 4770 Quadratmetern Verkaufsfläche, in eine Arena mit 4000 Sitzplätzen, in ein Feriendorf, in ein neues Hotel. Mindestens eine halbe Million mehr Gäste erhoffen sich die Planer pro Jahr. Ihre Kalkulation: Die Besucher bringen pro Jahr rund 20 Millionen Euro netto und damit auch 500 neue Arbeitsplätze. Doch in der Landesregierung hat sich zuletzt Skepsis verbreitet, ob sich das ehrgeizige, 2004 von Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) vorgestellte Projekt ohne Abstriche finanzieren lässt und der geplante Baubeginn (Herbst 2007) noch zu halten ist. Denn bis zum Wochenende sah Finanzminister Ingolf Deubel "noch keinen weißen Rauch" in der Gesamtfinanzierung.

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