Der Streit um Stuttgart brodelt weiter

Die Landesregierung von Baden-Württemberg hat den Stresstest des Bahnhofprojekts in Stuttgart akzeptiert, viele Gegner aber noch nicht. Und Heiner Geißler räumt Fehler beim Verfahren auf Kosten der Protestler ein.

Stuttgart. Nach dem Bekanntwerden des Stresstestergebnisses für das Bahnprojekt "Stuttgart 21" wird weiter um dessen Bewertung gestritten. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) forderte die Gegner des unterirdischen Durchgangsbahnhofs auf, das Ergebnis zu akzeptieren. Auch die Grünen in Baden-Württemberg sollten nun endgültig ihren Widerstand aufgeben, sagte Ramsauer gestern. Der Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer (Grüne) bestritt hingegen, dass der Tiefbahnhof den Belastungstest bestanden habe. Die Landesregierung von Baden-Württemberg hat den Stresstest am Freitagnachmittag akzeptiert.
Indes gestand Schlichter Heiner Geißler Fehler beim Stresstestverfahren ein. Die Projektgegner seien nicht immer ausreichend berücksichtigt worden, sagte Geißler. "Es war sicherlich falsch, das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 bei der Ausarbeitung des Stresstests nicht miteinzubeziehen." Er kritisierte jedoch, dass die Gegner nun die Präsentation der Stresstestergebnisse boykottieren.

Dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nun eine Volksabstimmung anstrebe, sei "der nächste logische Schritt und meiner Meinung nach auch richtig für das Projekt", lobte der Schlichter. Kretschmanns Kabinett will am Dienstag das Ausstiegsgesetz, mit dem die Volksabstimmung eingeleitet werden soll, beschließen.
Laut Verkehrsministerium werden darin aber nicht, wie im Koalitionsvertrag festgelegt, die genauen Ausstiegskosten aufgeführt. Demnach wird in der Gesetzesbegründung auf die möglichen Forderungen der Bahn von 1,5 Milliarden Euro hingewiesen und festgestellt, dass die Landesregierung von deutlich geringeren Kosten ausgeht.

Bundesverkehrsminister Ramsauer warnte jedoch: "Wenn ein Partner aussteigen würde, würde er vertragsbrüchig - mit allen Folgen, die damit zusammenhängen." Er habe Kretschmann schon vor Wochen auf mögliche Schadenersatzzahlungen hingewiesen. Der Vertrag sei ausdrücklich nicht kündbar. Zur Kritik unter anderem der Grünen an dem Stresstest sagte Ramsauer: "Die Gegner werden immer wieder Haare in der Suppe finden."
Der Grünen-Politiker und Schlichtungsteilnehmer Boris Palmer sagte, wenn man Gutachten genau lese, dann belege dies, dass Stuttgart 21 durchgefallen sei. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke konterte, Palmer selbst habe die Gutachterfirma vorgeschlagen.
Indes forderten der Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner (SPD) und der Baden-Württembergische Handwerkstag, die Bauarbeiten nun wieder aufzunehmen. "Aus Ulmer Sicht steht dem Weiterbau der Neubaustrecke nun nichts mehr im Wege", erklärte Gönner.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort