Deutscher Wein: So beliebt wie nie

Deutscher Wein ist international und national beliebt wie nie. Sein Anteil auf dem Inlandsmarkt beträgt stolze 45 Prozent. Ob das so bleiben wird, ist allerdings fraglich. Denn nach Ansicht von Winzern und Bundesregierung bedroht die EU die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Weins.

Berlin. Statistisch gesehen trinkt jeder Bundesbürger 20,1 Liter pro Jahr plus 3,7 Liter Sekt. Tendenz steigend. "Jeder Haushalt gibt mehr Geld für Wein aus als für Bier", sagt der Deutsche Weinbauverband (DWV). Die Beliebtheit der hiesigen Qualitätsweine könnte jedoch ein jähes Ende finden, wenn die EU-Vorschläge zur Weinreform Wirklichkeit werden: Die bisherige Etikettierung und Einteilung in Tafel- und Qualitätsweine soll aufgegeben werden. Winzer und Zuckerrübenbauer sind aber vor allem deshalb alarmiert, weil die EU den Zusatz von Rübenzucker bei der Gärung zur Erhöhung des Alkoholgehalts verbieten will. "Dadurch würden jährlich 45 000 Tonnen Zucker weniger verbraucht", sorgen sich die Verbände auch um Arbeitsplätze. Das Verfahren des Zuckerzusatzes wird in Deutschland eingesetzt, weil die Trauben wegen des schlechten Wetters nicht immer genügend eigene Süße enthalten, die wiederum in Alkohol umgewandelt werden kann. Nach dem Willen der EU-Kommission soll dem Wein jedoch künftig statt Zucker konzentrierter Saft von Billigtrauben aus Südeuropa zugeführt werden.Horst Seehofer will am Montag Klartext reden

Gleichzeitig will die zuständige Kommissarin Mariann Fischer Boel die Subventionen streichen, die für das Konzentrat bislang gewährt wurden. Die Winzer schreien auf: Sie würden gezwungen, teureres und "nicht geschmacksneutrales" Traubensaftkonzentrat zur Alkoholanreicherung zu verwenden. Das bekomme auch der Verbraucher zu spüren: Durch eine geringere Qualität des Weins und einen höheren Preis pro Flasche von bis zu 70 Cent. Am Montag steht in Brüssel die Weinreform auf der Tagesordnung. Dann will Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) Klartext reden. Seehofer verlangt erhebliche Nachbesserung, auch mit Blick auf einen anderen Teil der Reform: So will die EU Weinbauern über Prämien dazu bringen, ihre Rebstöcke aufzugeben. Insgesamt 200 000 der vorhandenen 3,6 Millionen Hektar Weinstöcke in Europa sollen gerodet werden. Dahinter verbirgt sich, dass jedes Jahr vor allem Winzer in Spanien, Italien und Frankreich so viel minderwertigen Tafelwein herstellen, dass sich damit leicht 1000 Schwimmbäder füllen ließen. Jährlich spendiert die EU von den 1,3 Milliarden Euro, die in den Weinsektor fließen, die Hälfte zur Beseitigung von überschüssigem Billigwein, den keiner trinken will. Komisch finden die Winzer vor allem den Umstand, dass zugleich ab 2013 jegliche Beschränkungen für die Pflanzung neuer Weinberge aufgehoben werden soll. "Wer heute Geld für das Herausreißen von Reben erhält, kann morgen mit dem erhaltenen Geld an gleicher Stelle wieder Reben anpflanzen", schimpft DWV-Präsident Norbert Weber.

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