"Die Amis sind da!"

Ich komme aus Lorich bei Trier. Am Morgen des 2. März 1945 nach der täglichen heiligen Messe sah ich vom Schlafzimmerfenster auf der drei Kilometer entfernten Höhe einen amerikanischen Panzer mit Abschussrohr in Richtung unseres Dorfes stehen.

 Endstation: Gefangen genommene deutsche Volkssturm-Männer und US-Soldaten am 2. März 1945 am Hotel Porta Nigra. Foto: Archiv Adolf Welter

Endstation: Gefangen genommene deutsche Volkssturm-Männer und US-Soldaten am 2. März 1945 am Hotel Porta Nigra. Foto: Archiv Adolf Welter

Es herrschte eine unheimliche Stille. Am Nachmittag ging ich mit meiner Mutter zu Freunden in der Nachbarschaft. Unser Nachbar kam atemlos herein und sagte: "Die Amis sind da!"
Sofort machten wir uns auf. Auf dem Heimweg trafen wir auf einen 24-jährigen amerikanischen Leutnant, der uns freundlich begrüßte und sagte: "Hier waren keine Nazis, in den Nachbardörfern waren viele Nazis." Er zeigte mir ein Foto von seinem "Liebherz".
Der Nächste, ein Oberleutnant, nahm eine Tasse Kaffee, die meine Tante eben eingegossen hatte, roch daran und bemerkte spöttisch: "Zeppelinkaffee." So nannten wir damals den selbst gerösteten Gerstenkaffee. Am Abend wollte er mit einer 39-jährigen Kriegerwitwe schlafen, ohne Erfolg; er war aber nicht böse.
Am nächsten Morgen waren zwei amerikanische Soldaten in der Messe, den Karabiner neben sich im Flur liegend.
Danach standen stundenlang drei ehemalige Quartiergäste vor unserem Haus. Sie wurden abgeführt, ohne dass wir uns von ihnen verabschieden konnten.
Am Nachmittag wurden zehn deutsche Gefreite vor unserem Haus nach Munition untersucht. Zwei Posten dirigierten mich in unser Schlafzimmer, wo ein Militär-Rucksack von den Evakuierten lag. Bei der Durchsicht des Rucksacks richtete einer der Posten die Maschinenpistole auf mich. In dem Rucksack waren aber nur alte Pantoffeln. Das war mein Glück. Ich war damals 20 Jahre alt. Katharina Zang (90) aus Newel-Butzweiler

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