Die Bundesregierung wirft der Türkei Provokation vor

Berlin · Was will Ankaras Geheimdienst mit seiner ominösen Liste? Für Minister de Maizière ist die Sache klar.

Berlin (dpa) Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat der Türkei Im Zusammenhang mit der Spionageaffäre gezielte Provokation vorgeworfen. Die an den Bundesnachrichtendienst übergebene Liste des türkischen Geheimdienstes MIT mit angeblichen Verdächtigen diene dazu, "die türkischen Beziehungen zu uns zu belasten, uns in irgendeiner Weise zu provozieren", sagte der CDU-Politiker am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Er glaube nicht, dass die 356 Namen in der Hoffnung weitergegeben worden seien, vom BND Unterstützung bei der Fahndung nach Terroristen zu bekommen. An ein so "naives" Vorgehen glaube er nicht.
Für den Spionageverdacht gebe es noch keine Beweise, aber "lange Hinweise", sagte de Maizière. Sollten sich diese bewahrheiten, bedeute dies, "dass diejenigen, die hier spionieren, des Landes verwiesen werden, bestraft werden".
Derzeit ermittelt der Generalbundesanwalt.
Die Liste war Mitte Februar am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz an den BND übergeben worden. Die aufgeführten Personen werden vom MIT als Anhänger oder Unterstützer des Predigers Fethullah Gülen angesehen. Darunter ist auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering (siehe Interview oben).
Die Gülen-Bewegung wird von der türkischen Regierung für den gescheiterten Militärputsch im vergangenen Sommer verantwortlich gemacht. Die deutschen Sicherheitsbehörden sehen dafür bisher keine ausreichenden Belege.
Die Gülen-Bewegung wird auch nicht vom Verfassungsschutz beobachtet.
Unionsfraktionschef Volker Kauder sprach sich wie de Maizière für ein hartes Durchgreifen aus, falls sich der Spionageverdacht bestätigt. "Da muss mit der ganzen Härte des Gesetzes geantwortet werden", sagte der CDU-Politiker ebenfalls im ZDF-"Morgenmagazin". "Spionage ist kein Kavaliersdelikt. Und wenn das von der Türkei gemacht worden ist, wird das natürlich auch strafrechtliche Konsequenzen haben."
Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nannte den Fall Müntefering einen Skandal. "Hier muss die Bundesregierung jetzt klar sagen: So geht es gar nicht", sagte die SPD-Politikerin der Westdeutschen Zeitung. Die Integrationsbeauftragte der Unionsfraktion, Cemile Giousouf (CDU), sprach in der Rheinischen Post von "Stasi-Methoden".

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