"Die CDU liebt die Unruhe"

MAINZ. Mit Kritik meldete sich beim jüngsten CDU-Parteitag niemand zu Wort. Dennoch rumort es weiter in den Unions-Reihen. Im Mittelpunkt: Christoph Böhr, gerade mit 73 Prozent im Amt des Parteichefs bestätigt.

 Neujahrsempfang 2000 bei der CDU Bernkastel-Wittlich: Christoph Böhr (rechts mit Landrätin Beate Läsch-Weber) und Alexander Licht prosten sich zu. Heute stoßen die beiden höchstens noch an - verbal.Foto: TV -Archiv/M. Blahak

Neujahrsempfang 2000 bei der CDU Bernkastel-Wittlich: Christoph Böhr (rechts mit Landrätin Beate Läsch-Weber) und Alexander Licht prosten sich zu. Heute stoßen die beiden höchstens noch an - verbal.Foto: TV -Archiv/M. Blahak

So mancher nimmt es mit Sarkasmus: "Die CDU liebt die Unruhe", sagt ein Kreisvorsitzender, der selbst allerdings keinen "Beitrag" leisten will, seine Partei in die Schlagzeilen zu bringen. Zu Wort gemeldet haben sich wenige Tage nach dem Mainzer Parteitag jedoch erneut Böhr-Kritiker wie Alexander Licht, Landtagsabgeordneter und CDU-Kreisvorsitzender Bernkastel-Wittlich. Er macht seit zwei Jahren keinen Hehl aus seiner Meinung, dass er Böhr bei der Landtagswahl 2006 nicht mehr als Spitzenkandidaten will. Zu wenig populär sei der Partei- und Fraktionschef, meint Licht, und kreidet ihm auch an, mit seinem schwarz-grünen Geplänkel politische Fehler zu begehen und konservative Wähler zu verschrecken. Aus seinem Herzen keine Mördergrube macht ebenfalls der Chef des Parteibezirks Koblenz-Montabaur, der Bundestagsabgeordnete Joachim Hörster. Bei der Vorstandswahl sah er sich abgestraft, weil er nicht den Sprung in die Beisitzer-Riege schaffte. Gegen Böhrs Kritiker, darunter auch der Trierer Bezirksvorsitzende Peter Rauen, ist laut Hörster eine "gezielte Aktion" gelaufen. Nur knapp erreichte Rauen die Zielmarke Vorstand. Böhr selbst will nicht noch Öl ins Feuer gießen und ist vor allem die Attacken seines Dauerkritikers Licht leid. "Mir schmeckt nur frisch gezapftes Bier, kein abgestandenes", so sein Kommentar. Licht sei isoliert in Partei und Fraktion, sagt Herbert Jullien, Landesschatzmeister und Parlamentarischer Geschäftsführer. Nicht nur er wirft dem Moselaner vor, auf dem Parteitag kein Wort der Kritik vorgebracht zu haben. Auch Fraktions-Vize Dieter Schmitt ist mächtig sauer, ohne Licht beim Namen zu nennen. Auf Dauer könne die Fraktion "unsolidarische Handlungen" nicht akzeptieren, sagt Schmitt und warnt vor selbst verschuldeter Ausgrenzung. Licht sieht sich dagegen keineswegs allein auf weiter Flur. Viele Zögerliche fürchteten um Konsequenzen offener Worte. Auf dem Parteitag, so räumt er ein, habe er "leider" geschwiegen. Josef Rosenbauer, Vorsitzender des Kreisverbandes Altenkirchen, kann die ganze Diskussion nicht verstehen. Nur der Landesvorstand sei gewählt worden, nicht der Spitzenkandidat, sagt Rosenbauer, selbst wenn er zugesteht, dass der Parteichef im Regelfall das Recht des ersten Zugriffs hat. Sicher scheint vorerst nur: Die CDU wird weiter für - ungewollte - Schlagzeilen sorgen.

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