Die Grenzen des ehemaligen Grenzschutzes

Trier · Bahnhofsvorplätze vor größeren Bahnhöfen wie etwa in Trier sollen künftig eindeutig als Bahnanlagen gekennzeichnet werden. Dann nämlich darf die für Bahnanlagen zuständige Bundespolizei dort kontrollieren. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat der Trierer Bundespolizei verboten.

Trier. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig machte bundesweit Schlagzeilen: "Richter verweisen Bundespolizei von Bahnhofsvorplätzen", "Bundespolizei darf nicht mehr auf Bahnhofsvorplatz" oder "Platzverweis für Bundespolizei". Die Leipziger Richter haben im Mai einem Rentner recht gegeben, der sich gegen eine Kontrolle der Trierer Bundespolizei wehrte. Im Juni 2011 stand er mit einer Gruppe Jugendlicher vor dem Hauptbahnhof in Trier und zwar neben der Treppe zum Haupteingang.
Ein Reisender hatte Beamten der Bundespolizei im Bahnhof den Hinweis gegeben, dass die Männer draußen vermutlich irgendwelche Drogengeschäfte machen würden. Zwei Bundespolizisten gingen daraufhin zu der Gruppe, verlangten von jedem Einzelnen den Ausweis und glichen per Funk die Daten der Männer ab. Lediglich bei einem der Jugendlichen fanden sich Hinweise, dass er früher Drogenkonsument gewesen war. Eine Durchsuchung der Personen ergab jedoch keine Hinweise auf Drogenbesitz. Der damals 58-jährige Rentner klagte gegen die Kontrolle. Das Verwaltungsgericht Koblenz gab ihm recht. Die Bundespolizei sei für eine rein präventive Identitätsfeststellung auf dem Bahnhofsvorplatz nicht zuständig. Die Bundespolizei ging daraufhin in Berufung, das Oberverwaltungsgericht gab der Polizei Recht. So landete der Fall schließlich beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Und das wiederum gab dem Rentner recht. Begründung: Der Bahnhofsvorplatz sei nicht als Bahnanlage einzustufen, zumindest sei nicht erkennbar, dass er zum Bahnhof gehöre. Daher, so die Leipziger Richter, ist die Bundespolizei, die seit 1992 die Aufgaben der ehemaligen Bahnpolizei übernommen hat, nicht zuständig.
Die Trierer Bundespolizei ist für 124 Bahnhöfe in den Regionen Trier und Koblenz zuständig. Bedeutet das Urteil nun, dass die Beamten unmittelbar vor den Bahnhöfen nicht mehr kontrollieren und eingreifen dürfen? "Nein", stellt Ralf Gnüchtel, Leiter der Trierer Bundespolizeiinspektion klar. "Der Bahnhofsvorplatz ist kein rechtsfreier Raum. Es soll keiner glauben, dass er dort machen kann, was er will, ohne dass die Bundespolizei eingreifen wird." Gnüchtel hat sich eingehend mit dem Urteil, das seit kurzem schriftlich vorliegt, beschäftigt. Er war bei allen Verhandlungen dabei.
Für ihn steht fest: Wenn Gefahr in Verzug ist, etwa bei einer Schlägerei oder offenkundig anderen kriminellen Machenschaften vor einem Bahnhof, werde die Bundespolizei selbstverständlich eingreifen und dann die Landespolizei informieren. Die ist nämlich nach dem Leipziger Urteil für den Bahnhofsvorplatz zuständig. Daher führt Gnüchtel nun Gespräche mit den Polizeichefs in Trier und Koblenz, um die Zusammenarbeit klar zu regeln.
Die Zuständigkeit der Bundespolizei beginnt nach dem Urteil nämlich erst am Eingang zum und im Bahnhof und entlang der Schienen. Eine verdachtsunabhängige Personenkontrolle vor dem Bahnhof darf es durch die Bundespolizei zunächst nicht mehr geben.
Gnüchtel sieht darin allerdings einen Widerspruch zu den Befugnissen der Bundespolizei, die aus dem ehemaligen Bundesgrenzschutz hervorgegangen ist. Danach dürfen die Beamten bis zu 30 Kilometer von der Grenze entfernt Personen kontrollieren, um unerlaubte Einreisen zu verhindern. Das wiederum schließt fast die komplette Trierer Innenstadt samt Bahnhofsvorplatz ein.
Um Rechtssicherheit für seine Beamten und die Bürger zu bekommen, werde nun überlegt, an größeren Bahnhöfen, etwa in Trier, die Vorplätze durch Beschilderung klar als Bahnanlage festzulegen. Dann nämlich sei die Bahnpolizei eindeutig und jederzeit auch für den Bereich vor dem Bahnhof zuständig.

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