Die Iren landen in Luxemburg: Ryanair rechnet mittelfristig mit über einer Million Passagiere auf dem Findel

Luxemburg · Bis zuletzt ist ein Geheimnis daraus gemacht worden, ob und wann Ryanair von Luxemburg aus fliegen wird. Und das, obwohl seit Monaten darüber spekuliert worden ist. Allerdings ist das Angebot der irischen Fluggesellschaft auf dem Findel vorerst noch überschaubar.

Um 10.38 Uhr setzt die erste Ryanair-Maschine auf dem Findel in Luxemburg auf. An Bord des in der irischen Hauptstadt Dublin gestarteten Flugzeugs ist der Marketingchef der sogenannten Billigfluglinie, Kenny Jacobs. Und zwei Flugbegleiterinnen in gelben, mantelähnlichen Kleidern. Ihre Aufgabe bei der 20 Minuten später beginnenden Pressekonferenz vor fast 50 Journalisten: Eine blaue Tafel hochzuhalten, auf der die überschaubaren Ziele, die die Iren von September von Luxemburg aus anfliegen werden, angekündigt werden. Vorerst werden das London Stansted und Porto im Norden Portugals sein.

"Angebot überschaubar"

Das Angebot sei überschaubar, lautet daher der knappe, aber treffende Kommentar von Hanna Koch, Sprecherin des Flughafens Hahn. Ryanair ist bekanntlich der größte Kunde des finanziell angeschlagenen Hunsrückflughafens. Die Iren haben jedoch in den vergangenen Jahren nach und nach ihr Angebot auf dem Hahn reduziert und Flugzeuge abgezogen. Gleichzeitig haben sie Maschinen auf zusätzlichen Flughäfen etwa in Köln stationiert und dort ihr Engagement ausgebaut. Ryanair werde im Winter weiter 30 Ziele vom Hahn aus anfliegen, sagt Koch. Auch Porto und London gehören weiter zum Angebot.

Der Hunsrückflughafen sei weiterhin der größte Billigflieger-Anbieter der Region, lautet die fast schon trotzig anmutende Antwort der Flughafensprecherin. Damit soll vermutlich vermittelt werden, dass die Ankündigung von Ryanair, künftig auch ab Luxemburg zu fliegen, auf dem Hahn gelassen gesehen wird. Eine Gelassenheit, die angesichts des für viele überraschend dürftigen Flugplans der Iren vom Findel und mit zumindest für London einer nicht sonderlich attraktiven Abflugzeit um 22.35 Uhr auch durchaus angebracht ist. Zumal Jacobs immer wieder betont, der Hahn sei für Ryanair weiterhin "sehr wichtig". Allerdings hat das der Boss der irischen Fluggesellschaft, Michael O`Leary, auch immer wieder gesagt. Kurz nach diesen Bekenntnissen hat Ryanair dann aber sein Angebot im Hunsrück reduziert.

Und wer Jacobs an diesem Morgen in der Abflughalle des Luxemburger Flughafens am Gate 17, wo die Ryanair-Maschine gut sichtbar für die zahlreichen Fernsehkameras parkt, genau zuhört, der kann aus seinen Ausführungen schon herauslesen, dass Luxemburg mittelfristig zu einer Konkurrenz des Hahn werden kann. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der eine oder andere Kunde statt vom Hahn nun von Luxemburg aus fliegen werde. Man wolle dort, falls nun die Nachfrage stimme, bewusst Ziele in europäischen Hauptstädten anbieten. Jacobs nennt zum Beispiel Madrid, Rom, Barcelona, Mailand, Berlin. Die Flüge in die deutsche Hauptstadt vom Hunsrück aus wurden vor fünf Jahren eingestellt, als in Deutschland die Luftverkehrsabgabe eingeführt wurde. 7,50 Euro pro Flug ab Deutschland sind seitdem fällig. Das mache die Berlin-Flüge preislich zu unattraktiv, hat damals die Begründung für das Streichen der Verbindung vom Hahn aus gelautet. Mittlerweile jedoch bietet Ryanair allerdings auch Flüge nach Berlin von Köln aus an - trotz der Ticketsteuer. Mit einem solchem Angebot von Luxemburg aus würde die Fluggesellschaft vermutlich viele neue Kunden in das Nachbarland locken. Mit über einer Millionen Passagiere rechnet Jacobs mittelfristig in Luxemburg.

Portugiesen im Visier

Man habe sich zuvor genau angeschaut, welches Potenzial Luxemburg habe, sagt Jacobs. Dass Ryanair ein Ziel in Portugal anbietet, liegt angesichts von rund 88?000 im Großherzogtum lebender Portugiesen auf der Hand. Wobei derzeit bereits unter anderem der bisherige Platzhirsch auf dem Findel, die luxemburgische Luxair als auch die portugiesische TAP ebenfalls nach Porto fliegen. Auch nach London ist Ryanair in Luxemburg, anders als auf dem Hahn, nicht konkurrenzlos. Gerade als Jacobs erläutert warum seine Gesellschaft nach Stansted, 55 Kilometer von London-City fliegt, rollt im Hintergrund eine Maschine der British Airways zur Startbahn des Findel und hebt kurze Zeit später zum Großflughafen Heathrow in London ab. Luxair fliegt den kleineren, aber mitten in der englischen Hauptstadt liegenden Flughafen City an. Heathrow und City seien von den Gebühren her teurer als Stansted begründet Jacobs, warum Ryanair nach Stansted fliegt.

Apropos Gebühren. Glaubt man dem luxemburgischen Flughafenchef Johan Vanneste, dann bekommen die Iren auf dem Findel gegenüber den anderen Gesellschaften keine Sonderbehandlung. Sie müssten die gleichen Gebühren zahlen wie alle, sagt Vanneste im Gespräch mit unserer Zeitung. Es habe immer wieder Gespräche mit Ryanair gegeben, sagt der Findel-Chef. Vor zwei Jahren hätten sich Verantwortliche den Flughafen genauer angeschaut. Aber konkrete Planungen habe es bislang nicht gegeben. Obwohl seit Monaten darüber gemunkelt worden war. Ende vergangenen Jahres hatte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) mitgeteilt, dass Rya?nair-Chef O'Leary mit Luxemburg verhandele. Im April hat Hahn-Chef Markus Bunk angedeutet, dass Ryanair ab Winter von Luxemburg aus fliegen könnte.

Bislang ist das jedoch immer dementiert worden. Und dass obwohl die Fluggesellschaft sich bereits im März die Internetadresse ryanair.lu hat reservieren lassen. Ende April ist dann bekannt geworden, dass es ab Herbst neben Luxair mit Aviapartner einen weiteren Passagierabfertiger auf dem Findel geben werde. Auch das hat als Anzeichen dafür gegolten, dass Ryanair bald von dort fliegen wird. Doch offiziell bestätigt worden ist das bis dahin nicht. Selbst als am Dienstag, kurz nachdem Vanneste den Anruf aus der Dubliner Ryanair-Zentrale bekommen hat mit der Mitteilung, dass man am Donnerstag eine Pressekonferenz abhalten wolle, wird über den Grund ein Geheimnis gemacht. Erst als dann gestern die Ryanair-Maschine auf dem Findel landet, sind die letzten Zweifel ausgeräumt: Die Iren kommen nach Luxemburg.

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