"Die Kanzlerin ist in der totalen Defensive"

Die Vize-Fraktionschefin der Grünen, Bärbel Höhn, macht die Bundesregierung für das Ausmaß der Proteste gegen die Castor-Transporte verantwortlich.

Berlin. (has) Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe die Folgen der Entscheidung zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke völlig unterschätzt, sagt Grünen-Politkerin Bärbel Höhn im Gespräch mit dem TV. Mit Höhn sprach unser Korrespondent Hagen Strauß.

Welchen Eindruck haben Sie von den Castor-Protesten?

Höhn: Der Widerstand hat eine neue Qualität. Weitaus mehr Menschen sind durch die beschlossene Laufzeitverlängerung politisiert und aufgerüttelt woden. Junge wie alte.

Aber auch die Bundesregierung verschärft jetzt die Tonart.

Höhn: Frau Merkel muss so harsch reagieren. Denn die Kanzlerin ist in der totalen Defensive. Sie hat die Proteste völlig unterschätzt. Sie hat den Atomkonsens aufgekündigt, um ihre eigene Partei zu befrieden. Und um der Wirtschaft Geschenke in Milliardenhöhe zuzuschustern. Sie hat verkannt, dass sich die Menschen dies nicht gefallen lassen werden. Die Laufzeitverlängerungen werden keinen Bestand haben.

Sind die Grünen nicht ebenso Nutznießer der Koalitions-Entscheidung? Zumindest lassen die Umfragen den Rückschluss zu.

Höhn: Als Nutznießer würde ich uns nicht bezeichnen. Wir haben damals den Atomausstieg gemacht und den gesellschaftlichen Konflikt über die Atomkraft gelöst. Jetzt macht Frau Merkel das Fass wieder auf.

Frau Höhn, wohin mit dem Atommüll?

Höhn: Wir brauchen eine ergebnisoffene Suche nach dem bestmöglichen Standort in Deutschland. Jürgen Trittin hat als Umweltminister ein Verfahren entwickelt, wie sie erfolgen soll.

Zur Person Bärbel Höhn (58) lebt im Ruhrgebiet und ist seit 2006 stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag. Von 1995 bis 2005 war sie Umweltministerin von NRW. Seit 2005 ist Höhn Abgeordnete des Bundestages.

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