Die Katastrophe beginnt am Vortag des Heiligen Abends

Prüm · Am 23. Dezember 1944 beginnen amerikanische Flieger mit der Bombardierung Prüms. Schon am Morgen des Heiligen Abends, steht die Stadt in großen Teilen in Flammen. Zum Ende des Kriegs ist sie zu 85 Prozent zerstört.

 Nach den Bombenangriffen stehen US-Infanteristen auf dem völlig zerstörten Johannismarkt. Im linken Bereich des Bildes sind die Trümmer des ehemaligen Posthotels Bäckerkläsjen zu erkennen. Foto: Bildarchiv Monika Rolef

Nach den Bombenangriffen stehen US-Infanteristen auf dem völlig zerstörten Johannismarkt. Im linken Bereich des Bildes sind die Trümmer des ehemaligen Posthotels Bäckerkläsjen zu erkennen. Foto: Bildarchiv Monika Rolef

Prüm. 97 Tage lang liegt Prüm bereits unter schwerstem Beschuss der US-Artillerie, doch was am Vortag des Heiligen Abends im Jahr 1944 über die Abteistadt hereinbricht, hat verheerende Folgen für Prüm. Gestern vor genau 70 Jahren steuerten 36 schwer beladene viermotorige US-Bomber von Westen aus die evakuierte Stadt an.Im September kam der Krieg



Gegen 16 Uhr beginnen sie damit, den ersten von vier großen Bombenteppichen abzuwerfen. Zwei Stunden dauert diese erste Angriffswelle. Am Abend brennt die Waldstadt an allen Ecken. Über die gesamte Weihnachtszeit werden die Bombardements fortgesetzt. Die letzten Angriffe werden erst Mitte Januar geflogen. Zur Besetzung Prüms durch amerikanische Truppen liegt die Abteistadt im Februar in Schutt und Asche.
Mit einem Friedensgebet wurde gestern in der Basilika an den Beginn der Luftoffensive gedacht. Gleichzeitig läuteten überall in Prüm die katholischen und evangelischen Kirchenglocken.
Schon drei Monate vor der Luftoffensive kam der Krieg nach Prüm. Am 16. September nahmen amerikanische Artillerieschützen aus dem Schneifelgebiet heraus die Stadt unter Geschützfeuer. Nur fünf Tage vor Beginn der Artillerieoffensive hatte das nationalsozialistische Regime die Evakuierung der Stadt angeordnet. Bis zum Beginn der Ardennenoffensive am 16. Dezember reißt der Beschuss nicht ab.
"Zum Glück wurde Prüm damals doch noch evakuiert. Wären die Menschen in der Stadt geblieben, es hätte wohl viel mehr Tote gegeben", sagt Monika Rolef, Fremdenführerin und Gründerin der Initiative Frauenschuh.
Obwohl die Bevölkerung in den Harz und den Westerwald ausquartiert wurde, forderten die Kämpfe dennoch geschätzte 140 zivile Opfer. "Bei den Kämpfen bis zum 23. Dezember wurden viele Häuser getroffen, doch der eigentliche Untergang Prüms begann zu Weihnachten", sagt Rolef.
Tragisch sei, dass Prüm, anders als andere Städte, über viele Jahrhunderte von einer flächendeckenden Zerstörung bis dahin weitestgehend verschont geblieben sei. Nach dem Ende der Luftangriffe war die wüste Trümmerlandschaft zu Füßen der Basilika aber kaum noch als die einst so bedeutende 1200 Jahre alte Abteistadt der Karolinger und Benediktiner zu erkennen. Bis zur Übernahme der Stadt durch die Alliierten seien bis zu 85 Prozent Prüms verloren gegangen, sagt Rolef.50 Bombenteppiche


"Als die ersten Menschen aus der Evakuierung nach Hause kamen, fanden sie eine tote Stadt vor. Alles war zerstört. Allein die Basilika stand noch - vielen erschien das wie ein Wunder und sie schöpften neue Hoffnung", berichtet Rolef.
Doch das vermeintliche Wunder und die Sicherheit sollten trügerisch sein. Exakt ein Jahr nach ihrem Untergang, entging die Waldstadt nämlich nur knapp einer weiteren Katastrophe. Zwar überstand die Basilika schwer getroffen die geschätzten 50 Bombenteppiche, die über Prüm niedergingen, doch kurz vor Beginn der Christmette am Heiligabend 1945 kam der Schrecken erneut über die Stadt. Zwei Stunden vor Messbeginn stürzten die Hälfte des Dachs und große Teile des Mauerwerks von Haupt- und Seitenschiff ein.
Abermals hatten die Prümer Glück im Unglück. "Niemand befand sich zum Zeitpunkt des Einsturzes in der Kirche", sagt Rolef. Nur zwei Stunden später und die provisorische im Hauptschiff aufgestellte Baracke wäre voller Menschen gewesen.Extra

Die Zerstörung Prüms beginnt am 16. September 1944 um 10.30 Uhr mit der Explosion einer amerikanischen Granate. Mitte Oktober fallen die ersten Bomben auf Versorgungseinrichtungen. Mit Beginn der Ardennenoffensive ist Prüm endgültig zur stark umkämpften Zone geworden. Um 16 Uhr beginnt am 23. Dezember die Offensive der amerikanischen Luftwaffe. Sie dauert bis Mitte Januar. Am 10. Februar wird in Tafel der erste Teil Prüms besetzt. Der Bodenkampf um die Abteistadt soll bis zum 25. Februar anhalten. aff

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