Die Nerven liegen blank

TRIER. Landgerichtspräsident Wolfgang Krämer sieht auch nach der deutlichen Kritik von Triers Bischof Reinhard Marx offenbar keinen Grund, seine "Kreuz-Entscheidung" noch einmal zu überdenken. Dafür liegen im Justizgebäude die Nerven offenbar blank.

Die Antwort von Landgerichtssprecherin Claudia Stadler kam gestern Mittag prompt, und sie war ähnlich kryptisch wie die Antwort im März, als der TV erstmals nach den Hintergründen des Verschwindens der Kreuze im Trierer Justizgebäude gefragt hatte. Es gebe keine Hintergründe, hatte die Gerichtssprecherin damals verlauten lassen. Erst später räumte Landgerichtspräsident Wolfgang Krämer auf Anfrage eines Anwalts ein, dass das Fehlen der Kreuze in den renovierten Sitzungssälen nicht Zufall, sondern Absicht ist: "Zum einen steht nicht für jeden Sitzungssaal ein Kreuz zur Verfügung, zum anderen habe ich mich entschlossen, diese nicht wieder anzubringen." Gestern wollte unsere Zeitung vom Landgerichtspräsidenten wissen, ob es - nach der aktuellen Kritik des Trierer Bischofs - Überlegungen gebe, "die Kreuz-Entscheidung noch einmal zu diskutieren und gegebenenfalls zu revidieren". Die Antwort von Sprecherin Claudia Stadler war ähnlich ausweichend wie Monate zuvor. Man bitte "um Verständnis", heißt es da, "dass wir von einer Kommentierung der Äußerungen anderer absehen möchten. Wir möchten die Angelegenheit abschließen und uns wieder den Aufgaben widmen, die uns übertragen sind.""In Kartons verpackt und sorgsam aufbewahrt"

So rasch allerdings dürfte die längst landesweit Schlagzeilen machende "Kreuz-Entscheidung" nicht aus dem öffentlichen Fokus verschwinden, zumal der Trierer Bischof Reinhard Marx gestern betonte, "am Thema dranbleiben" zu wollen. Auch die Christdemokraten halten die Sache am Köcheln. Der CDU-Kreisverband Trier-Stadt und andere Parteigliederungen sammeln derzeit Unterschriften "für christliche Kreuze in Gerichtsgebäuden". "Es läuft so gut, dass wir die Aktion verlängert haben", sagt Kreisvorsitzender Ulrich Holkenbrink. Unionsfraktionsgeschäftsführer Bernhard Kaster bekräftigte am Mittwoch seine Forderung: "Es gibt andere Wege, weltanschauliche Neutralität zum Ausdruck zu bringen, als Kreuze verschwinden zu lassen." Immerhin ist mittlerweile klar, wo die im Trierer Justizgebäude abgehängten sechs Kreuze geblieben sind. "Sie wurden in Kartons verpackt und sorgsam aufbewahrt", sagt eine Sprecherin des Mainzer Justizministeriums. Für Diskussionen sorgt derweil eine vor der Renovierung im großen Sitzungssaal aufgehängte Kupferplastik. Das überdimensionierte Kunstwerk hängt jetzt in der Tiefgarage des Justizgebäudes - "weil das der einzige Ort ist, wo es hinpasst", sagt die Ministeriumssprecherin. Nach Angaben aus Justizkreisen ist in die früher hinter dem Richtertisch hängende Plastik auch ein Kreuz ohne Corpus eingearbeitet, weshalb auf ein zusätzliches Kreuz im Saal verzichtet worden sei. Das wollte man im Ministerium vorige Woche so nicht bestätigen: "Ob sich darauf auch ein religiöses Kreuzsymbol befand, konnte noch nicht in Erfahrung gebracht werden."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort