Die neue Regierung wird weiblicher

Mainz · SPD und Grüne in Rheinland-Pfalz wollen am Freitag ihren Koalitionsvertrag vorlegen und ihn in der kommenden Woche unterschreiben. Das kündigten die Sprecher der Parteien am Montag nach der Vorstellung der jüngsten Verhandlungsergebnisse an.

Mainz. Ausgesprochen entspannt und zufrieden gaben sich die wichtigsten rot-grünen Protagonisten Daniel Köbler, Eveline Lemke und Kurt Beck in Mainz. Beck bleibt Ministerpräsident. Eveline Lemke wird die erste grüne Wirtschaftsministerin des Landes. Und nicht nur das. Zu ihrem Haus zählen auch die Bereiche Klimaschutz, Energie und Landesplanung. Damit wird sie den ökologischen Umbau des Landes mitgestalten können. Da schmerzt es sie offenbar wenig, dass sie den Bereich Verkehr abgibt - der für die Grünen ohnehin höchst konfliktträchtig ist. Zudem wird Lemke stellvertretende Ministerpräsidentin.
Die Bundesabgeordnete Ulrike Höfken (Grüne) tritt als Umweltministerin in die Regierung ein (siehe unten stehenden Artikel).
Schließlich komplettiert Irene Alt, Beigeordnete im Kreis Mainz-Bingen, die grüne Ministerriege. Sie bekommt nicht nur die Verantwortung für den Bereich Integration. Sie amtiert auch als Familien-, Kinder-, Jugend- und Frauenministerin. Damit hat sie viele Kompetenzfelder des jetzigen Sozialministeriums übernommen.
Das dürfte aber zwischen der Amtsinhaberin Malu Dreyer (SPD) und ihr nicht zu Rivalitäten führen. Beide verstehen sich gut. Dreyer ist nunmehr noch für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie zuständig.
Doris Ahnen (SPD) kann neben Lemke durchaus als Gewinnerin des Koalitionspokers bezeichnet werden. Sie gibt lediglich die Zuständigkeit für Jugend ab. Ihre Leib- und Magenthemen Bildung und Wissenschaft kann sie weiter verantworten. Dazu kommen Kultur und Weiterbildung. Kulturstaatssekretär Walter Schumacher (SPD) bleibt ebenfalls im Amt - und auch die Staatssekretäre Vera Reiß und Michael Ebling. Carsten Kühl amtiert auch künftig als Finanzminister und muss dafür sorgen, dass die Schuldenbremse eingehalten wird. Ihm zur Seite steht Salvatore Barbaro als Staatssekretär. Ein Schlüsselministerium übernimmt der bisherige Innenstaatssekretär und Vorsitzende des Parteirats, Roger Lewentz (SPD). Er amtiert demnächst nicht nur als Innenminister, sondern hat auch den gesamten Bereich Infrastruktur unter seiner Kontrolle.
Dazu zählt auch der Nürburgring, der bisher dem Wirtschaftsministerium zugeordnet war. Schließlich komplettiert der bisherige SPD-Fraktionschef Jochen Hartloff die Ministerriege. Die Kombination seines Hauses wirkt ein wenig eigentümlich. Denn der Jurist wird Justizminister und Minister für Verbraucherschutz. Eine kleine Überraschung ist zudem, dass Beate Reich Staatssekretärin bleibt. Aus all dem ergibt sich, dass der bisherige Wirtschaftsminister Hendrik Hering der neue SPD-Fraktionschef wird. Er muss natürlich noch gewählt werden, aber das ist eine reine Formsache. Die Rededuelle im Land werden in Zukunft also vor allem zwischen Hering und Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler auf der einen Seite und CDU-Oppositionschefin Julia Klöckner auf der anderen Seite ausgetragen werden. Köbler, der jetzt schon kommissarisch amtiert, wird vermutlich keine Gegenkandidatin bekommen.Meinung

Solides Unentschieden
Das waren Koalitionsverhandlungen nach dem Geschmack von Kurt Beck: sachlich, diskret, effizient, mit einem soliden Unentschieden als Ergebnis. Das schafft nicht unbedingt Aufbruchstimmung, aber es hinterlässt auch keine dauerhaften Wunden. Jeder hat ein bisschen bluten müssen, die SPD im Rheintal, die Grünen an der Mosel. Letzteres wird der Basis wehtun, aber es gibt ja auch Trostpflaster wie das per Nebensatz verkündete Aus für den Trie rer Moselaufstieg. Man könnte jetzt trefflich spekulieren über Gewinner und Verlierer in der Ministerrunde. Aber man sollte das koalitionsbedarfsorientierte Zusammenschustern der Ministerien nicht überbewerten. Bis Beck in drei Jahren seinen Rückzug einläutet, marschiert vielleicht der eine oder andere ganz kühl nach vorn, den bislang niemand auf der Rechnung hat. Viel wichtiger als das Rumoren um Brücken und Pöstchen ist das, was in den nächsten Tagen erst noch auf den Tisch kommen muss: die Ernsthaftigkeit des Bemühens, den Landeshaushalt zu sanieren - mit unbequemen Steuererhöhungen und noch unbequemeren Einsparungen. Da schlägt dann wirklich die Stunde der Wahrheit für Rot-Grün. Dass man den Sanierungskurs erstmal damit beginnt, dass man die Ministerriege erweitert, wird die Sache nicht einfacher machen. d.lintz@volksfreund.de

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