Kriminalität Die neuen Tricks der Automatenräuber

Trier · Kriminelle haben es noch immer auf Geldtresore abgesehen, auch wenn sich die Methoden des Ausplünderns langsam ändern.

 Bei der Sprengung eines Geldautomaten in Üxheim (Kreis Vulkaneifel) war der Sachschaden im April vergangenen Jahres höher als der erbeutete Betrag.

Bei der Sprengung eines Geldautomaten in Üxheim (Kreis Vulkaneifel) war der Sachschaden im April vergangenen Jahres höher als der erbeutete Betrag.

Foto: Mario Hübner (mh)

Die Methode, mit der sich eine Gruppe Panzerknacker Ende März im saarländischen Aschbach an einem Geldautomaten zu schaffen machte, mag zur ländlichen Region gepasst haben. Die unbekannten Täter stahlen auf einem nahe gelegenen Bauernhof einen Traktor und fuhren damit postwendend durch die Glastür einer Sparkassenfiliale in dem Lebacher Stadtteil. Dann rissen sie den Geldautomaten mit einem Seil aus der Verankerung, luden ihn auf einen weißen Kastenwagen und machten sich wieder aus dem Staub. Den Traktor ließen die Panzerknacker zurück.

Später wurde der aufgebrochene Automat in einem 15 Kilometer entfernt gelegenen Waldstück  entdeckt. Ob die Panzerknacker mit dem erbeuteten Geld etwas  anfangen konnten, ist unklar: Beim Aufbruch des Automaten hatten sie mehrere Farbkartuschen ausgelöst, die die Geldscheine unbrauchbar machen sollen.

Der gerade einmal gut drei Monate zurückliegende Fall ist wegen des benutzten Traktors nicht alltäglich, ungewöhnlich ist das Verbrechen aber nicht. Denn die Zahl gewaltsamer Geldautomatenaufbrüche ist weiter hoch, auch wenn es in den zurückliegenden Monaten regionale Verschiebungen gegeben hat. Zu dieser Einschätzung kommt jedenfalls das Bundeskriminalamt. Die Behörde hat sich vor drei Monaten in einem sogenannten Bundeslagebild intensiv mit Angriffen auf Geldautomaten befasst.

Einige der Hauptschlussfolgerungen, die sich aus diesem „Bundeslagebild“ ergeben:

Die Anzahl der Angriffe auf Geldautomaten ist immer noch überdurchschnittlich hoch.

Nicht selten sind die angerichteten Schäden höher als die erbeutete Summe Bargeld.

Und: Die Täter sind hoch professionell arbeitende Banden, die meistens aus den Niederlanden kommen.

Während die Banden in der Vergangenheit überwiegend Geldautomaten-Standorte in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen „abgegrast“ haben, sind inzwischen eher Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen in den Fokus gerückt. Ein Grund, warum in Rheinland-Pfalz derzeit bei Geldautomatensprengungen ein überdurchschnittlicher Anstieg zu verzeichnen ist.

Die meisten Festgenommenen oder identifizierten Tatverdächtigen kommen laut Bundeskriminalamt aus den Niederlanden, wohnen dort in Ballungszentren wie Amsterdam oder Utrecht und haben „marokkanischen Migrationshintergrund“, wie es in dem unserer Zeitung vorliegenden Lagebild heißt. Vor Ort agierten sie arbeitsteilig als Mitglieder von Netzwerken mit einem hohen Maß an Professionalität, so das Bundeskriminalamt. Weitere Tatverdächtige kommen demnach aus Bulgarien und Polen.

Im Bereich der sogenannten Skimming-Fälle kommen die Tatverdächtigen nahezu ausschließlich aus Bulgarien und Rumanien. Beim Skimming geht es um das Ausspähen von EC-Kartendaten. 499 Manipulationen von Geldautomaten bundesweit zählte die Einrichtung Euro Kartensysteme, die sich im Auftrag der deutschen Kreditwirtschaft um das Sicherheitsmanagement für Zahlungskarten kümmert, im vergangenen Jahr. Brennpunkt war abermals Berlin, wo über die Hälfte aller Skimming-Attacken registriert wurde. Dagegen mutet die Zahl von elf Skimming-Angriffen in Rheinland-Pfalz (keiner im Saarland) fast schon  gering an.

Wie hoch der jährliche Schaden durch Skimming-Attacken in Deutschland ist, lässt sich laut Bundeskriminalamt nicht sagen, weil die Keditinstitute keine Zahlen veröffentlichten. Die mit dem Sicherheitsmanagement beauftragte Firma Euro Kartensysteme spricht  allerdings von 2,2 Millionen Euro. Rückläufig ist laut BKA die Zahl der Datenabgriffe im Ausland. Im vergangenen Jahr seien von insgesamt 225 Geldautomaten überwiegend in Italien und Mexiko deutsche Kartendaten abgegriffen worden.

Weil die Sicherheitsmaßnahmen gegen Skimming-Angriffe immer besser werden, haben sich inzwischen auch die Panzerknacker etwas Neues einfallen lassen. Die Fahnder registrieren in letzter Zeit vermehrt Hacking-Angriffe auf Geldautomaten-Netzwerke. Das Bundeskriminalamt spricht bereits von einer „neuen Qualität der Straftaten“. Beim Jackpotting werden die Automaten mit einer Schadsoftware so manipuliert,  dass das gesamte Sicherheitssystem ausgehebelt wird. Die Gangster können die Geldautomaten dann per Fernsteuerung zum Ausspucken beliebiger Geldbeträge bewegen.

Ob möglicherweise auch die jüngsten Attacken in Mainz und im pfälzischen Lustadt derartige Angriffe waren oder in den Fällen schlichtweg ein Insider den Geldautomaten mit einem ihm bekannten Code geöffnet hat, ist unklar. Laut Bundeskriminalamt geht von der neuen Manipulationstechnik jedenfalls „ein hohes Bedrohungspotenzial“ aus.

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